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#1

Winterwanderung

in Barfuß und Leben 04.12.2010 20:30
von Michael aus Zofingen | 764 Beiträge | 443 Punkte

Heute war einmal ein sonniger, wenn auch eher frostiger Tag. Weiterhin lag auch recht viel Schnee, der letzten Mittwoch gefallen war. Also wanderte ich am Nachmittag los, selbstverständlich barfuß, in kurzen Hosen und ohne Mütze. Anfangs wanderte ich dort, wo der Asphalt trocken war, nicht naß von Salzwasser. An schattigen Stellen lag noch Schnee auf dem Trottoir. Ich unterquerte die Bahnlinie durch eine Fußgänger-Unterführung, als ich bemerkte, daß sich zwei Männer mächtig festhalten mußten, um nicht auszurutschen. Einer rief mir zu: "Vorsicht, Rutschgefahr!"

Ich erreichte die Zofinger Altstadt, wo gerade Weihnachtsmarkt war. Um diese Uhrzeit kam ich dort noch zügig voran, so daß die festgetretene, gesplittete und vermutlich nicht ganz salzfreie Schnee- bzw. Eisdecke sich noch nicht negativ bemerkbar machte. Einige Kinder machten große Glotzaugen. Ein Mann sprach mich an: "Hallo, bist du zuweg?" Ich kenne ihn nicht näher, habe ihn aber schon öfters am Aarestrand beim Baden gesehen. Dort läuft er übrigens selber barfuß, allerdings kam er am Strand nie barfuß an, sondern in Sandalen ohne Socken, egal, ob er eine lange oder eine kurze Hose trug (hier in der Zofinger Altstadt trug er allerdings feste Schuhe und eine lange Hose). Ich sagte: "Man muß nur schnell genug gehen."

Ich benutzte die Zofinger Altstadt nur als Abkürzung, dann schritt ich eine gut besonnte Straße hinauf, war wirklich angenehm, barfuß über den trocknen und erwärmten Asphalte zu gehen und dabei die Sonnenwärme an den Beinen zu spüren. Hier ist es immer wärmer an sonnigen Tagen, nicht umsonst wurde hier früher der Zofinger Wein angebaut (die Straße heißt noch heute Rebbergstraße).

Am höchsten Punkt angekommen, überlegte ich wie weiter. Denselben Weg zurück? Oder über die Obere Rebbergstraße? Oder über verschneite Waldwege? Ich entschied mich für letzteres. Wobei ich einen Weg nahm, der eine festgetretene Spur hatte und nicht direkt durch den Wald führte, sondern am Waldrand in der Sonne. So gelangte ich zum Heiternplatz, wo ich einige Wege beschritt, die auch von rodelnden (meist total vermummten) Kindern benutzt wurde. Viele Kinder starrten gebannt auf mein nicht vorhandenes Schuhwerk. Einmal hörte ich, wie ein Kind die Mutter fragte: "Ist dem Mann nicht kalt!" Darauf die Mutter: "Nein, dem Mann ist nicht kalt. Sonst wurde er sich wärmer anziehen!"

Vielfach hörte ich aus Kindermund Worte wie "barfuß", aber auch "füdliblutt" (dabei ist doch letzteres der schweizerdeutsche Ausdruck für den Verstoß gegen die 2c-Regel). Von Erwachsenen erhielt ich keinerlei negative Kommentare. Ich habe ohnehin den Eindruck, als ob in der Natur die Menschen toleranter gegenüber Barfüßern/Kurzhöslern sind als in bewohnten Gegenden. Beosnders in von "besseren Leuten" bewohnten Stadtquartieren (richtiger: in Stadtquartieren, in denen überwiegend Leute wohnen, die sich für was besseres halten und nicht selten SVP-hörig sind) wird man nicht selten angefeindet, wenn man auch nur eine Handbreit von der Spießernormalität abweicht.

Als die Sonne schon tiefer stand, ging ich zurück Richtung Stadt, schritt noch einmal die Rebbergstraße hoch und die Obere Rebbergstraße runter. Und zu guter Letzt noch durch die Zofinger Altstadt. Diesmal, obwohl es noch nicht dunkel war, war schon ein größeres Gedränge auf dem Weihnachtsmarkt, so daß eine meiner Kleidung bzw. dem Untergrund angepaßte Schrittgeschwindigkeit nicht mehr möglich war. So war ich froh, daß ich wieder draußen war und in schnellerem Schritt weiter wandern konnte. Im Ganzen hat mir diese barfüßige und bekurzhoste Wanderung durch die Winterlandschaft sehr gefallen. Ab morgen soll es ja wieder regnen und danach wieder kälter werden. Eine längere sonnige und gerade so kalte Periode, daß der Schnee nicht verschwindet, aber so warm, daß man ohne Schuhe und in kurzen Hosen ohne Einschränkungen gehen kann, sind nicht in Sicht.

Schöne Grüße
Michael aus Zofingen


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