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Barfuß mit Tageskarte im Ostteil der Schweiz
in Barfuß und Leben 14.06.2024 10:21von Michael aus Zofingen • | 755 Beiträge | 431 Punkte
Hallo
Am Mittwoch, den 12. Juni war ich wieder einmal mit der Tageskarte in öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs. Ich radelte barfuß zum Zofinger Bahnhof und fuhr ab 5.58 Uhr bis Luzern bei sonnigem Wetter. Hier wechselte ich den Bahnsteig und fuhr mit der S-Bahn bis Arth-Goldau. Ein Eurocity aus Richtung Zürich brachte mich weiter nach Bellinzona. Die Bewölkung nahm zu. Wegen Schäden im Gotthard-Basistunnel wurde der lange Zug über die Gotthard-Bergstrecke umgeleitet.
https://de.wikipedia.org/wiki/Gotthardbahn
So konnte ich wieder einmal die Kirche von Wassen aus verschiedenen Perspektiven sehen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Kirche_Wassen
Südlich des Gotthards war es wolkenlos. In Bellinzona stieg ich um in einen nur mittwochs verkehrenden Regioexpreß nach Luino mit einzigem Zwischenhalt in Cadenazzo (diese Strecke war ich bisher nie gefahren).
https://de.wikipedia.org/wiki/Bahnstreck...o%E2%80%93Luino
Dieser Zug fuhr nur relativ langsam, so daß ich vom Zug aus das gegenüberliegende Ufer des Langensees erkennen konnte, z.B. Locarno, Ascona, Brissago. Mit Verspätung kam ich in Luino an. Obwohl Luino in Italien liegt, gilt bis hier der Schweizer Tarif. Der Bahnhof von Luino erstrahlte in frischen Farben und die Bahnsteige und Treppen waren barfuß gut begehbar.
https://de.wikipedia.org/wiki/Bahnhof_Luino
Wegen der Verspätung hatte ich keine Zeit mehr für einen Stadtbummel, um die Zeit bis zur Abfahrt des Postautos nach Ponte Tresa zu überbrücken.
https://de.wikipedia.org/wiki/Luino
https://de.wikipedia.org/wiki/Ponte_Tresa_TI
Souverän lenkte der Chauffeur den Bus über eine steile und teilweise enge Straße aus der Stadt hinaus. Es ist kaum zu glauben, daß es hier bis 1950 eine Schmalspurbahn gab. An einer Haltestelle etwa auf halbem Weg, bereits wieder auf Schweizer Gebiet, stiegen zwei Schweizer Zöllner ein. Fast schon reflexartig versteckte ich die nackten Füße unter dem Vordersitz und legte den Rucksack so auf die Beine, daß man nicht erkennen konnte, daß ich eine kurze Hose trug. Eigentlich ist das Verhalten albern, denn bei diesem heißem Wetter waren etwa auf dem Bahnhof von Bellinzona und sogar in Luino im prüden Italien etliche Frauen und Männer (auch ältere) bluttbeinig unterwegs. In diesem Bus war ich allerdings der einzige sommerlich gekleidete Fahrgast. Mit mir waren ca. 5 Personen über 50 in "bäuerlicher" Kleidung und ca. 10 junge Männer und Frauen in (aus Sicht eines Laien) qualitativ besserer und neuwertiger Kleidung (Fauen teilweise mit Kopftuch). Sie waren mit teuren Schalenkoffern ausgerüstet und ihre Haut war "dunkelschwarz". Die Zöllner verlangten selektiv von den maximalpigmentierten Personen Ausweise (soweit ich das italienisch richtig interpretierte), die sie offensichtlich nicht hatten. Die Schwarzen sprachen auch kein einziges Wort. Ob es sich um Asylbewerber handelte, die illegal von Italien in die Schweiz einreisen wollten. Es dauerte und dauerte, so daß ich Angst bekam, daß ich die eingeplante Route über teilweise selten befahrene Strecken wegen Verpassen von Anschlüssen nicht einhalten konnte. Schließlich kamen auch noch 4 "normale" Polizisten in den Bus und gemeinsam beförderten sie alle "Nichtbleichgesichter" unsanft aus dem Fahrzeug. Als der letzte Scherge den Bus verließ, verlor ich schließlich doch die Beherrschung und schrie hinterher: "Rassisten! Wegen Ihrem dilettantischen und brutalen Verhalten verpasse ich den Zug!" Der übergewichtige Uniformierte drehte sich nur kurz um und stieß eine kleinwüchsige Kopftuchfrau vor sich her. Wahrscheinlich verstand er nicht genügend deutsch und hat angenommen, ich würde die Asylbewerber beschimpfen. Auch ein deutschschweizer Polizist hätte bei ca. 10 illegalen Grenzgängern nicht auch noch einen Polizeikritiker mitgenommen, das hätte die Arbeit nur verkompliziert. Er hätte höchstens eine weiter Polizeistreife aufgefordert, mich am Bahnhof Ponte Tresa abzufangen.
Der Bus erreichte den Bahnhof nach der planmäßigen Abfahrt des Zuges. Ich wollte schon wieder fluchen, als ich sah, daß der moderne tramähnliche Zug der FLP nach Lugano erst jetzt einrollte:
https://de.wikipedia.org/wiki/Lugano-Ponte-Tresa-Bahn
Anders als die stillgelegte Bahn Luino-Ponte Tresa ist diese Strecke weit von einer Stilllegung entfernt, im Gegenteil. Sie wird irgendwann mal Teil der wiedereröffneten Straßenbahn Lugano:
https://de.wikipedia.org/wiki/Strassenbahn_Lugano
Der Zug fuhr mit Verspätung ab, so daß ich Angst bekam, daß ich in Lugano die S-Bahn verpassen könnte, den vom FLP-Bahnsteig zum letzten Bahnsteig der Hauptbahn ist es ein ganzes Ende. Im Laufschritt stürmte ich barfuß dorthin, vorbei an dämlich dreinschauenden Bahnpolizisten. Aber auch dieser Zug rollte verspätet am Bahnhof ein, so daß ich ihn erwischte. Die S-Bahn fuhr durch den neuen Ceneri-Basistunnel (und ich das erste Mal durch diesen Tunnel statt über die Bergstrecke).
https://de.wikipedia.org/wiki/Ceneri-Basistunnel
In Castione-Arbedo wartete ich auf einen Bus nach Mesocco, früher fuhr hier eine Bahn.
https://de.wikipedia.org/wiki/Bahnstreck...E2%80%93Mesocco
Vom Bus aus konnte ich erkennen, daß ein Teil des früheren Gleistrassees zum Veloweg umgewidmet wurde. auch waren etliche Brücken noch erhalten sowie das verlotterte Gebäude des Endbahnhofs. Hier endete auch die Busfahrt, und ich stieg um in ein wenige Minuten später einrollendes Postauto über durch den San-Bernhardino-Tunnel nach Thusis. Anfangs war ich der einziges Fahrgast. Erst nördlich des San Bernhardino stiegen einige Leute zu. anders als im Süden war das Wetter hier bewölkt. In Thusis rollte gerade ein Zug der Albulabahn ein, den ich bis Filisur benutzte:
https://de.wikipedia.org/wiki/Albulabahn
Ein Anschlußzug nach Davos Platz verkehrte um diese Uhrzeit nicht.
https://de.wikipedia.org/wiki/Bahnstreck...E2%80%93Filisur
Dafür verkehrte ein Bus über Alvaneu nach Davos. Diese Strecke ist auch nicht übel, und den Wiesener Viadukt sieht man aus einer anderen Position. In Davos Platz wartete bereits ein Zug nach Landquart:
https://de.wikipedia.org/wiki/Bahnstreck...0%93Davos_Platz
In Landquart stieg ich um in einen Interregio, der mich bis Rorschach brachte. Hier hatte ich Anschluß an eine S-Bahn nach Romanshorn. Der Bodensee hatte noch immer Hochwasser, aber die Uferwege waren begehbar. Eine junge Frau wanderte dort barfuß. In Romanshorn wechselte ich in eine S-Bahn nach Schaffhausen, die ebenfalls weitgehend dem Bodensee und später dem Rhein folgte. In Schaffhausen wechselte ich in einen Regioexpreß nach Zürich. Vom Zug sah ich, daß jede Menge Wasser den Rheinfall hinunterstürzte
https://de.wikipedia.org/wiki/Rheinfall
Am Zürcher Hauptbahnhof mußte ich zum unterirdischen Bahnsteig überwechseln, hier brachte mich ein Intercity bis Olten, wo ich Anschluß an einen Interregio nach Zofingen hatte. Genau 15 Stunden nach meiner Abfahrt erreichte ich den Zofinger Bahnhof, von dem ich barfuß nach Hause radelte. Trotz meines Ärgers mit den Obrigkeitsvertretern hat mir diese Reise gefallen.
Schöne Grüße
Michael aus Zofingen
RE: Barfuß mit Tageskarte im Ostteil der Schweiz
in Barfuß und Leben 14.06.2024 14:55von André Uhres • Admin | 2.195 Beiträge | 645 Punkte
Zitat von Michael aus Zofingen im Beitrag #1
vorbei an dämlich dreinschauenden Bahnpolizisten
Wunderschöne Strecke! Ich habe hier das Video angeschaut (Flugaufnahme des Abschnitts Preda-Bergün): https://de.wikipedia.org/wiki/Albulabahn
RE: Barfuß mit Tageskarte im Ostteil der Schweiz
in Barfuß und Leben 15.06.2024 07:53von Lebenskünstler • Admin | 1.330 Beiträge | 845 Punkte
Herrlich,diese Reisebeschreibung. Es ist, als wären wir dabei. Denn fast alle Strecken die du erwähnst sind wir teilweise öfters gefahren, wir hatten zwei Mal je ein Monats-GA.
Lediglich die Strecke nach Luino kenne ich jetzt nicht auf Anhieb.
Ein sicher sehr schöner Tag.
Bis auf den unschönen Vorfall als sie die dunkelhäutigen jungen Menschen ruppig zwangen aus dem Bus auszusteigen.
Mir fällt da gerade ein Erlebnis ein von der 2. GA-Tour.
Da kam ein wirklich absolut maximalpigmentierter Mann, so zwischen 40 und 50 Jahre schätzte ich ihn, auf uns zu und bat in reinstem klaren Schwyzer Deutsch um die Fahrkarte. Er war der Zugbegleiter.
Grüßle vom Lebenskünstler
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