Hallo,
am Donnerstag, den 2.10.2025 sollte es in der Südschweiz sonnig und relativ warm werden, während im Norden der Hochnebel vorherrschen sollte. Ich radelte barfuß und mit Jacke im Dunkeln bei Hochnebel und 4°C in Richtung Zofinger Bahnhof, um einen Interregio um 6:29 Uhr Richtung Luzern zu bekommen. Nach 17 minütigem Warten in Luzern hatte ich Anschluß an einen relativ vollen kupferfarbenen Interregio Richtung Locarno. Diesen benutzte ich allerdings nur bis Arth-Goldau, ansonsten wäre ich zu spät am Zielbahnhof Lamone-Cadempino angelangt. Ich war übrigens nicht der einzige Mensch, der noch in kurzen (oder zumindest unlangen) Hosen mit Offtopic-Fahrzeugen unterwegs war. Ich wechselte in einen sehr vollen Intercity nach Lugano, der den Gotthard-Basistunnel benutzte, jenseits des Tunnels war der Himmel blau und ohne Nebelfelder. Im Bahnhof Bellinzona hielt der Zug 15 Minuten lang wegen eines "medizinischen Notfalls". Das brachte mich in Rage, denn die Ansage wurde gerade gemacht, während eine S-Bahn in Richtung Chiasso abfuhr. Wäre die Ansage eher gekommen, hätte ich umsteigen können und mit der S-Bahn bis Lugano fahren, um dann erneut umzusteigen. Als ich mit dem Intercity aber in Lugano ankam, war mein Anschluß weg.
Ich weiß nicht, wie schwer der "medizinische Notfall" war. Wenn es sich um etwas lebensgefährliches handelt, hat so etwas Vorrang gegenüber möglicherweise hunderten von Fahrgästen, die dadurch eine Straßenbahn, die alle 10 Minuten verkehrt, einen Intercity, für den man eine zuggebundene Fahrkarte hat, oder ein Flugzeug zu einem geschäftlichen Termin verpaßt. Aber wenn es sich nur um einen "unechten" Notfall handelt, etwa weil sich ein hysterischer medizinischer Laie total verschätzt hat? Haben Fahrgäste in solchem Fall den gleichen Anspruch auf teilweise Rückerstattung des Fahrpreises wie wenn durch eindeutiges Verschulden der Bahn die gleiche Verspätung eintritt? Kann die Bahngesellschaft die entstandenen Kosten an den Patienten (oder dessen Krankenkasse) abwälzen?
Sicher grenzen solche Gedanken an Pietätlosigkeit, aber sie kommen halt, wenn man auf den Anschluß wartete, in diesem Fall eine alle 30 Minuten verkehrende S-Bahn über die ceneri-Bergstrecke Richtung Giubiasco. Ein barfüßiger Sprint zu einem nach Lamone-Cadempino verkehrenden Bus war ebenfalls erfolglos. Auf diese Weise erreichte ich den Bahnhof Lamone-Cadempino 30 Minuten später als geplant, der Bus Nr. 449 verkehrt allerdings nur alle 60 Minuten. Ich überbrückte die Wartezeit damit, am Fahrkartenautomaten zu überprüfen, ob die geplante Weiterfahrt um genau eine Stunde Verspätung auch möglich ist, oder ich in eine Taktlükke einer Buslinie fallen würde. Dadurch erfuhr ich, daß ich die Route etwas abändern mußte. Der Bus 449 brachte mich bis zum Bahnhof Bioggio Molinazzo an der schmalspurigen Bahn Lugano - Ponte Tresa. Vom Bahnsteig sah ich, wie gerade ein Düsenflugzeug von der Startbahn des Flughafens Lugano-Agno abhob.
Während mein Originalplan eine Bahnfahrt bis Magliaso vorsah, um mit dem Bus bis Cademario Kurhaus zu fahren, mußte ich nun bereits in Agno umsteigen, um zum Kurhaus zu kommen. Auch wenn ich ca. 20 Minuten auf den Bus warten mußte, verzichtete ich darauf, in den Ortskern jenseits der Hauptstraße zu gehen. Dort staute sich nämlich der 4radverkehr, und Fußgängertunnel, wie sie selbst in kleineren Städten in der Deutschschweiz (etwa Zofingen) üblich sind, gibt es hier nicht. Ich wollte schließlich nicht den Bus verpassen.
Dieser kam auch, hatte jedoch Schwierigkeiten, in Agno voranzukommen und hatte bereits 8 Minuten Verspätung, als er die Bebauung von Agno verlassen hatte. Nun führte der relativ schmalen Weg steil und kurvenreich bergauf. Da ab und zu Lastwagen und Wohnmobile entgegenkamen, konnte die Kraftpost die Verspätung nicht mehr aufhalten. Schön war der Ausblick auf den Luganer See und auf den Flughafen. So richtig genießen konnte ich die Fahrt aber nicht, da ich befürchtete, den Anschluß am Kurhaus (der Name der Haltestelle ist tatsächlich auf deutsch) zu verpassen. Diese Befürchtung war jedoch vollkommen unbegründet, da ich nicht umsteigen mußte, sondern lediglich der Bus seine Liniennummer änderte und wieder bergab fuhr, diesmal in Richtung Lugano. Hier kam er zwar auch nicht pünktlich an, jedoch erreichte ich nach Säckeln zum Bahnsteig noch die S-Bahn, die genau eine Stunde später gegenüber dem Originalplan verkehrte.
Mein nächster Umsteigepunkt war der Bahnhof Castione-Arbedo. Weiter ging es mit dem Postomnibus Nr. 214 Richtung Mesocco. Ich entschied mich, den ursprünglich geplanten einstündigen Aufenthalt in Roveredo wegen der Verspätung gegenüber dem Originalplan nicht auszulassen, sondern stattdessen die Rückreise zu verkürzen. Ich verließ den Bus im Ortszentrum und wanderte barfuß Richtung Osten, wo ich den Fluß Moesa über die Straßenbrücke überquerte. Dann begab ich mich Richtung Kirche, die ich besichtigte. Beim nächsten Mal überquerte ich die Moesa über die ehemalige Eisenbahnbrücke der stillgelegten Strecke Bellinzona-Mesocco. Nach weiteren Gängen durch die Gassen schritt ich zur Bushaltestelle und wartete auf den nächsten Bus nach Mesocco, wo ich am ehemaligen Bahnhof ausstieg.
Lange mußte ich nicht auf den Anschluß auf den "Säckelbus" Bellinzona-Chur warten. Dieser Bus war sehr voll, ich bekam noch den letzten Sitzplatz. Der Straßenverkehr Richtung San Bernadino war stark, ab und zu mußte der Bus im Stau stehen bleiben. Nördlich des San Bernadino-Tunnels war es kaum wolkiger als südlich davon. Der Bus kam nur mit wenig Verspätung in Chur an, so daß ich den Intercity nach Zürich erreichte und damit bis Sargans fuhr. Hier hatte ich Anschluß an einen Interregio, der über Altstätten, Rorschach, St. Gallen und Winterthur nach Zürich (und weiter über Zug nach Luzern) verkehrte. In Zürich mußte ich barfuß aus der Haupthalle zum Bahnsteig Löwenstraße gehen. Dort erreichte ich einen Intercity nach Lausanne, womit dem ich bis Olten fuhr. Dieser Zug füllte sich stark, da ein nach Bern verkehrender Zug wegen Fahrzeugschadens hier endete. Fahrgäste nach Bern wurden aufgefordert, "meinen" Zug in Solothurn zu verlassen und von dort weiter nach Bern fahren. Im Zug dagegen wurden die Fahrgäste nach Bern aufgefordert, bereits in Olten umzusteigen (was ich normalerweise auch getan hätte). In Olten stieg ich zusammen mit vielen anderen aus. Der Bahnhof war voll, weil ein Zug über Bern nach Interlaken 30 Minuten Verspätung hatte. Mit einem Interregio fuhr ich weiter und traf um 20:56 Uhr in Zofingen ein, bei wolkenlosem Wetter radelte ich barfuß nach Hause.
Meine 49. Barfußreise mit dem Generalabo war beendet.
Schöne Grüße
Michael aus Zofingen