Hobby-Barfuß-Renaissance-Forum

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#1

3mal nach Ascona mit Offtopic-Fahrzeugen

in Barfuß und Leben 09.10.2025 09:43
von Michael aus Zofingen | 880 Beiträge | 654 Punkte

Hallo,

nach einem unbeständigen und offtopic-Fahrzeugfreiem Wochenende sollte am Montag, den 6.10.2025 in der Südschweiz wieder sonniges und relativ warmes Wetter vorherrschen, während im Norden es stark bewölkt bleiben sollte. Ich radelte barfuß und mit Jacke im Dunkeln bei leichtem Regen und 9°C in Richtung Zofinger Bahnhof, um einen Interregio um 6:29 Uhr Richtung Luzern zu bekommen. Nach 17 minütigem Warten in Luzern hatte ich Anschluß an einen kupferfarbenen Interregio über die Gotthard-Bergstrecke Richtung Locarno. Diesen benutzte ich nur bis Giubiasco, im Tessin war es deutlich wärmer als nördlich der Alpen. Ich wechselte in eine hier eingesetzte S-Bahn, die die alte Bahnstrecke über den Monte Ceneri befuhr. Früher fuhr hier der sämtliche Züge zwischen Bellinzona und Lugano, heute fahren sämtliche durchgängigen Züge unten durch. Eine umsteigefreie Fahrt von Bellinzona in einen Ort an der Ceneri-Bergstrecke ist im Regelfall nicht mehr möglich.

In Lugano wechselte ich barfuß in einen Regioexpreß nach Locarno. Dieser befuhr den Ceneri-Basistunnel. Vor der Fertigstellung dieses Tunnels war ein umsteigefreier Bahnverkehr zwischen Lugano und Locarno nicht möglich. Um 11:38 Uhr war ich am Bahnhof Locarno. Nun wollte ich nur noch weiter nach Ascona fahren. Dazu benutzte ich den sehr vollen FART-Bus der Linie 1 Richtung Losone. Diese Buslinie berührt als einzige das Stadtzentrum von Ascona, während die Buslinie 316 nach Brissago nur die Außenbezirke von Ascona berührt. An der Haltestelle Ascona Centro stieg ich aus, wie viele andere Fahrgäste.

Über gepflasterte Gassen der Altstadt schritt ich barfuß in Richtung Seeufer. Bei diesem schönen Wetter waren viele Leute in der Stadt unterwegs, man hörte mehr deutsche als italienische Wortbrocken. Streng genommen ist Ascona nicht mal eine richtige Stadt (Citta) sondern nur ein "Borgo" was etwa einem bayrischen "Markt" entspricht. Garmisch-Partenkirchen, Oberstaufen, Holzkirchen, Oberkotzau usw. sind ja auch keine richtigen Städte, sondern "nur" Märkte. Ich war übrigens nicht der einzige Barfüßer hier im Zentrum. Ein Mann kam mir ebenfalls ohne Schuhe entgegen. Und ebenfalls die Trampolinanlage benutzen einige Kinder barfuß.

Mein Weg führte mich zum Bagno pubblico. Es waren noch nicht viele Leute dort. Aber es war bereits so warm, daß man sich in Badekleidung hier aufhalten konnte. Da der Strand sandig ist, waren auch viele Kinder, die den Kinderspielplatz benutzten, barfuß. Das Restaurant wurde gerade umgebaut, ab und zu hörte man Preßlufthämmer. Offensichtlich gab es auch keine Toilette mehr. Ich hörte, wie sich Leute auf Schweizerdeutsch unterhielten, daß die Gemeinde Ascona so viel Geld an Kurtaxen einnehmen würde, daß doch gewiß Geld übrig sei, um eine Toilette während der Bauarbeiten aufzustellen. Beim Wort "Kurtaxe" mußte ich aufhorchen. Kurtaxe bezahlen doch die Leute, die dort in Hotels, Pensionen, usw. übernachten. Leute, die dort regulär wohnen, bezahlen sie indirekt über die Gemeindesteuer. Mit diesen Geldern werden etwa Kurparks und sonstige Einrichtungen für den Fremdenverkehr unterhalten. Aber was ist mit denjenigen Personen, die nicht in Ascona wohnen oder eine Unterkunft gebucht haben, sondern sich nur auf der Durchreise befinden (oder sich dank GA und der schnellen Bahnverbindung in den Norden dem Nebel tagsüber entkommen? Sie profitieren ebenfalls von der Infrastruktur. Sollen die etwa nur für den Besuch des Freibads Kurtaxe bezahlen, während Hotelgäste ohne Zusatzkosten reinkommen? Oder soll sogar die gesamte Altstadt von Ascona kurtaxpflichtig sein?

Nachdem die Sonne hinter den Bergen verschwand hatte mir vorgenommen, um 18:24 Uhr den Bus zu nehmen, dann wäre ich um 21:31 Uhr in Zofingen. Auf dem Weg durch die Stadt im ziemlich schnellen Gang sahen einige hinter mir her. Ich erwischte den Bus knapp und verspätete sich, aber die S-Bahn von Locarno nach Bellinzona erreichte ich. Der Intercity nach Zürich um 19:17 Uhr kam verspätet und übervoll an. Nachdem sich etliche noch reingequetscht hatten, hieß es, es müßten einige wieder aussteigen, der Zug wäre zu voll. Ich stieg wieder aus. Eine halbe Stunde später fuhr der nächste, hier bekam ich einen Sitzplatz. In Arth-Goldau hatte ich Anschluß an einen Kupferzug (Voralpenexpreß) nach Luzern, allerdings mußte ich diesmal ein ganzes Stück zum anderen Bahnsteig säckeln. In Luzern hatte ich Pech, da nach 21 Uhr nur noch alle Stunde ein Interregio mit Halt in Zofingen verkehrt. Erst um 22:00 hatte ich Anschluß an einem Interregio Richtung Lausanne, mit dem traf ich um 22:31 Uhr in Zofingen ein, bei wolkigem Wetter radelte ich barfuß nach Hause.

Für den Folgetag hatte ich was ganz anderes eingeplant, wegen des deutlich wärmeren Wetters entschied ich mich jedoch wieder für eine Fahrt nach Ascona. mit den gleichen Zügen verließ ich den Norden der Schweiz, fuhr jedoch mit dem Kupferzug direkt bis Locarno. Der Kraftomnibus war extrem voll, ebenso wie die Straßen vor dem Bahnhof. Busse kamen nicht voran wegen der 4räder, Leute auf Zebrastreifen behinderten den 4rad- und Busverkehr. Es fehlen Fußgängerunterführungen vom Bahnsteig zu den Bushaltestellen. Und es fehlt eine leistungsfähigere Verkehrsverbindung zwischen Locarno und Ascona, etwa in Form einer Straßenbahn oder einer unterirdischen Verlängerung der S-Bahn bis Ascona. Die militanten 4radaktivisten haben sich bei einer Volksabstimmung durchgesetzt, damit das Chaos weiterhin erhalten bleibt.

Auf dem Weg zum Strandbad begegnete mir ein Mann mit Hund, der mich fragte: "Kommen Sie nicht aus Zofingen?" Ich bejahte. "Sie sind dort bekannt." Dann fragte er mich, seit wann ich barfuß unterwegs war usw. Ich erzählte es. Als er nach meinem Beruf fragte und ich ihm die Firma nannte, fragte er mich gleich nach einer bestimmten Person, die er sehr gut kannte. Bei dieser Person handelte es sich ausgerechnet um den früheren mittlerweile pensionierten Pressesprecher (Vielleicht begegne ich dem Pressesprecher nächsten Pensioniertenausflug am 14. Oktober). Am Strand wurde es etwas voller als am Tag zuvor.

Abends entschloß ich mich, eine halbe Stunde eher mit dem Bus zu fahren in der Hoffnung, diesmal einen leereren Zug zu erwischen. Der Intercity war zwar so voll, daß ich nur einen Sitzplatz auf dem Fußboden erwischte, aber von Bellinzona nach Arth-Goldau durch den Gotthard-Basistunnel war es aushaltbar. Als ich in Bellinzona einstieg, sagte ein Mann mit Berliner Akzent: "Da kommt einer vom Baden." Ich antwortete: "Stimmt, und das Wasser des Lago Maggiore war nicht zu kalt." Der Mann war offensichtlich mit einer Reisegruppe unterwegs. In Arth-Goldau hatte ich Anschluß an einen Kupferzug (Voralpenexpreß) nach Luzern, auch diesmal mußte ich diesmal ein ganzes Stück zum anderen Bahnsteig säckeln. In Luzern hatte ich Anschluß an einem Interregio Richtung Basel, mit dem traf ich um 21:01 Uhr in Zofingen ein, bei Vollmond radelte ich barfuß nach Hause.

Am Folgetag fuhr ich abermals mit dem Kupferzug von Luzern direkt bis Locarno. Der Kraftomnibus war wieder voll, ebenso wie die Straßen vor dem Bahnhof. Auf dem Weg zum Strandbad begegnete mir diesmal keiner, der mich ansprach. Abends entschloß ich mich, den Bus wie am Vortag zu benutzen. Beim Weg durch die Stadt kam mir ein Polizeifahrzeug entgegen (normalerweise dürfen hier keine Autos fahren), hielt aber nicht an. Ich erreichte den Bus nur knapp, und er war voll. Die S-Bahn war pünktlich, jedoch sollte der Intercity nach Zürich "wegen eines Vorfalls in Italien" 35 Minuten Verspätung haben. Ob der regulär 30 Minuten später fahrende Folgezug eher kam oder auch Verspätung hatte, wußte ich nicht. Zumindest standen etliche Leute auf dem Bahnsteig, so daß ich mit einem Chaos rechnete.

Also beschloß ich, den 12 Minuten nach dem Intercity verkehrenden Kupferzug über die Bergstrecke Richtung Zürich zu benutzen. Dieser Zug war recht leer. Die Schaffnerin erkannte mich wieder mit der Frage: "Sind sie wieder unterwegs?" Es klang mehr nach Neugier, nicht nach Abfälligkeit. Einen ganz anderen Ton wendete sie gegenüber 5 jungen Männern an, bei denen es sich um Schwarzfahrer (aufgrund des Pigmentierungsgrades sogar im doppelten Sinne). Sie hatten weder Fahrkarten, noch Geld, noch einen Ausweis. Am nächsten Haltebahnhof Ambri-Piotta mußten sie aussteigen. Danach rief die Schaffnerin über Handy vermutlich die Zentrale an, um die Schaffner anderer Züge (viele sind es ja nicht, die dort halten) und möglicherweise auch Busfahrer zu warnen. Ebenso sollte die Polizei verständigt werden. Ich bin froh, daß der Zug nicht in Ambri-Piotta gehalten hatte, bis die Polizei eintraf. Ich dachte an diesen Vorfall:

Zitat von Michael aus Zofingen im Beitrag Barfuß durch die größten Gemeinden im Kanton Freiburg

Während ich an der Haltestelle wartete, sprach mich eine Frau (dem Aussehen nach polnischen oder tschechischem usw. Ursprungs), die aus einem Gebäude gekommen war auf französisch an, was ich nicht verstand. Deutsch konnte sie nicht. Ich vernahm Worte wie "Restaurant" und "Café", was wie "Koffer" klang. Möglicherweise handelte es sich um eine Wirtin oder Kellnerin, die hier arbeitete. Ich nahm an, daß sie mich für bedürftig hielt wegen meiner Aufmachung. Dabei war es sicher 20°C warm und sonnig. Sie fragte andere an der Haltestelle, ob sie deutsch konnten, aber niemand konnte es. Endlich kam der verspätete Bus, etliche stiegen ein. Auch die frau stieg in den Bus, sprach ganz verzweifelt mit dem Chauffeur, wobei ich nur das Wort "Police" verstand. Dann stieg sie aus, und der Bus fuhr los.In Bossens hielt der Bus im Zentrum, gab auf französisch, englisch und deutsch durch, daß die Türen geschlossen bleiben. Dann blieb er stehen, nichts geschah. Nach einiger Zeit kam ein Polizei4rad, zwei normalgewichtige Beamte stiegen in den Bus, kamen auf mich zu und holten mich raus. Auch andere Fahrgäste durften aussteigen, neue einsteigen. Der Bus durfte aber noch nicht weiterfahren.


Irgendwie ist es doch Traurig, daß Schwarzfahrer glimpflicher davonkamen als Leute, die gegen keine Vorschrift verstoßen haben und nur leichter gekleidet sind als andere.

In Arth-Goldau hatte ich Anschluß an einen Intercity nach Luzern. In Luzern hatte ich Anschluß an einem Interregio Richtung Lausanne, mit dem traf ich um 22:31 Uhr in Zofingen ein, bei fast-noch-Vollmond radelte ich barfuß nach Hause.

Meine 51., 52. und 53. Barfußreise mit dem Generalabo sind somit auch dokumentiert. Heute muß ich noch einkaufen, denn das erledigt sich nicht von selber. Die nächsten 4 Tage soll es in der Südschweiz immer noch recht sommerlich warm werden, so daß ich wohl wieder in den Süden fahren werde.

Schöne Grüße
Michael aus Zofingen



André Uhres findet das Top
Lebenskünstler hat sich bedankt!
zuletzt bearbeitet 09.10.2025 09:45 | nach oben

#2

RE: 3mal nach Ascona mit Offtopic-Fahrzeugen

in Barfuß und Leben 11.10.2025 08:28
von Lebenskünstler • Admin | 1.424 Beiträge | 1535 Punkte

Zitat von Michael aus Zofingen im Beitrag #1


Um 11:38 Uhr war ich am Bahnhof Locarno....

.... Über gepflasterte Gassen der Altstadt schritt ich barfuß in Richtung Seeufer


Da wären wir uns ja fast begegnet.
Gegen halb 12 schlenderten wir an der Promenade entlang, und setzten uns auf eine Bank.



Wir genossen in der Sonne sitzend die Zeit bis zur Abfahrt des Schiffes für eine Rundfahrt, die uns auch an Ascona vorbei führte.

So nah beieinander, und doch aneinander vorbei.



Am Schiff gab es übrigens eine kurze Diskussion ob wir barfuss drauf dürfen. "Haben Sie keine Schuhe?" Die Bedienstete fragte den Kapitän "Geht das" auf italienisch ( kennst du ja auch ) - Leo sagte dann freundlich aber bestimmt dass wir auf eigene Verantwortung gehen und keine Ansprüche an irgendwas stellen. Wir durften an Deck.




Grüßle vom Lebenskünstler


André Uhres findet das Top
zuletzt bearbeitet 11.10.2025 08:44 | nach oben

#3

RE: 3mal nach Ascona mit Offtopic-Fahrzeugen

in Barfuß und Leben 11.10.2025 11:39
von André Uhres • Admin | 2.369 Beiträge | 1193 Punkte

Wird es nicht bald Zeit, dass die rassistisch diskriminierende Bezeichnung "Schwarzfahrer" verboten wird?



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