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#1

Reise ins Tessin mit blutigem Ende

in Barfuß und Leben 20.10.2025 11:51
von Michael aus Zofingen | 880 Beiträge | 654 Punkte

Hallo,

am letzten Samstag (18.10.2025) rechnete ich mit Sonne im Tessin bei angenehmen Temperaturen bis 18°C, vielleicht eine letzte Badegelegenheit im Lago Langensee. Ich radelte barfuß und mit Jacke im Hochnebel und 6°C in Richtung Zofinger Bahnhof, um einen Interregio um 6:26 Uhr Richtung Luzern zu bekommen. In Luzern hatte ich Anschluß an einen Kupferzug nach Locarno, den ich auch bis zur Endstation benutzte. Zwei Leute, die sich im Zug unterhielten, benutzten auch den Ausdruck "Kupferzug", unabhängig von mir (Das Wort "Offtopic-Fahrzeug" habe ich dagegen noch nie von Forumsfremden Personen gehört). Um 10:27 Uhr war es sonnig in Locarno, aber noch nicht warm genug, um gleich nach Ascona zu fahren. Also benutzte ich den FART-Bus Nr. 315 bis zur Haltestelle Visletto, wo sich mehrere Brücken über die Maggia befinden. Nach der Haltestelle schritt ich barfuß ein kurzes Stück des ehemaligen Bahndamms der stillgelegten Maggiatalbahn, der über weite Strecken ein Veloweg ist. Dann überquerte ich die Maggia auf der ehemaligen Eisenbahnbrücke, heute ebenfalls Veloweg. Von hier aus konnte ich die vom Hochwasser zerstörte Straßenbrücke und die provisorische Brücke erkennen. Der Fluß war an diesem Tag nur ein müdes Rinnsal.

Um 11:51 Uhr nahm mit ein Omnibus mit zurück nach Locarno. In Maggia stieg eine Schulklasse ein. An der Haltestelle Castello stieg ich aus, um mit dem nächsten Bus nach Ascona zu fahren. Ich schritt durch die Altstadt in Richtung Strandbad, wo sich mittlerweile einige Leute aufhielten, die wenigsten in Badekleidung, aber etliche barfuß. Ab und zu gingen auch noch einige ins Wasser, darunter auch ich. Es war doch etwas kälter als noch das Wochenende zuvor, und am Folgetag sollte es im Tessin bewölkt sein, eventuell sogar regnen.

Ich verließ den Badeplatz so, daß ich den Bus um 17:44 Uhr erreichte. Er war gerammelt voll, aber ich fand noch einen erhöhten Sitzplatz in der Nähe des Gelenkes. An der Haltestelle Locarno Centro erhob sich die am Fenster sitzende Frau, um auszusteigen. Ich erhob mich ebenfalls, um sie durchzulassen, gleichzeitig bremste der Bus. Dabei stieß ich mit dem linken großen Zeh von unten gegen die Gummileiste an der Stufe, was nur wenig schmerzte. Als die Frau vorbei war, setzte ich mich wieder hin. Erst jetzt merkte ich, daß ich mich verletzt hatte und eine Blutlache auf der Stufe war. Am Bahnhof stieg ich aus und sah ab und zu einen Blutfleck auf dem Beton. Jetzt mußte nur noch die S-Bahn kommen, damit ich in der Zugstoilette den Zeh mit Klopapier umwickeln konnte, um nicht auch noch im Zug eine Mohrerei wie im Bus zu hinterlassen. Das gelang mir auch. Anschließend säuberte ich noch den Toilettenfußboden (eine Putzfrau hätte für diese Arbeitsqualität ihre Kündigung erhalten, und beim Militär hätte es Strafdienst am Wochenende bedeutet).

In Bellinzona mußte ich umsteigen und erwischte noch einen freien Sitzplatz. Während der Zug durch den Gotthardbasistunnel rollte, fragte mich die mir gegenübersitzende ältere Frau auf hochdeutsch mit einem Akzent, der mir osteuropäisch vorkam, ob ich ein Pflaster benötigte. Ich meinte, daß das so ginge. Sie meinte, daß ein Pflaster besser sei als Papier. Schon holte sie ein Pflaster, und noch dazu alle möglichen Utensilien wie Schere, Desinfektionsmittel usw. aus ihrer Tasche. Die neben ihr sitzende Frau fragte, ob sie Krankenschwester sei. Darauf sagte sie nur: "Ärztin." Schon entfernte sie das Klopapier und sagte: "Das ist ein Notfall. Sie müssen damit ins Spital. Fahren Sie nach Zürich?" Ich antwortete: "Ich fahre bis Arth-Goldau und dann weiter nach Zofingen. Da gibt es ein Spital." Sie desinfizierte die Wunde, klebte ein Pflaster drauf, nahm noch zwei Wattebäusche und stülpte eine grüne Socke (vermutlich eine für medizinische Zwecke) über den Fuß. Dann desinfizierte sie auch noch den anderen Fuß und stülpte eine andere Socke darüber. Sie fragte noch ob ich keine Schuhe habe, worauf ich antwortete, daß ich so gut wie nie Schuhe trage.

Als sich der Zug Arth-Goldau näherte, fragte sie, ob ich etwas zum Anziehen habe, es sei kalt. Ich holte meine Jacke aus dem Rucksack und zog sie an. Dann fragte sie noch, ob ich was wärmeres benötigte, was ich ablehnte. Ich bedankte mich bei der Ärztin und verließ den Zug. Es war mir peinlich, auf Socken zum anderen Bahsteig zu wechseln, wo gerade der Kupferzug nach Luzern einrollte. Ich zog die Socke vom unverletzten Fuß ab und die andere rollte ich so auf, daß nur die Zehen bedeckt waren. In Luzern wechselte ich zum anderen Bahnsteig, wo bereits der Zug Richtung Basel bereitstand, mit dem ich um 21:01 Uhr in Zofingen eintraf, bei wolkigem Wetter radelte ich fast schon automatisch nach Hause (nicht ins Spital).

Meine 59. Barfußreise mit dem Generalabo war beendet.

Über Nacht ließ ich den Strumpf so wie er war am Fuß. Da ich keinerlei Schmerzen hatte (lediglich eine winzige Blase am kleinen Zeh, hervorgerufen durch das Tragen der Socke über Nacht), befestigte ich das vorhandene Pflaster durch Umrollen mit Tape (nicht aus dem Baumarkt, sondern demjenigen, mit dem ich nach der Augenoperation die Augenklappe festklebte) und begab mich nicht ins Spital. Derartige Verletzungen sind bei mir nicht so selten, da muß man nicht immer gleich die Spitäler blockieren. Allerdings verzichtete ich darauf an diesem Sonntag mit Offtopic-Fahrzeugen durch die Gegend zu fahren. Jetzt regnet es die nächsten Tage. Nichts anstrengendes ist eingeplant, da kann die Wunde verheilen.

Schöne Grüße
Michael aus Zofingen


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