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Leuchtendes Aarburg
in Reiseberichte 02.12.2013 05:24von Michael aus Zofingen • | 764 Beiträge | 443 Punkte
Hallo,
am letzten Novemberwochenende war in der Nacht von Freitag auf Samstag im Raum Zofingen etwas Schnee gefallen. Aber nur wenig, sehr wenig. Die Straßen waren schnell frei, und auch die Landflächen waren nur mäßig überzuckert, dazwischen klafften tausende „häßliche Lükken“, bestehend aus nacktem Boden, Gras usw. Aber auch der weiße Hochnebel wies immer mehr Lükken auf, und die waren blau und alles andere als häßlich. Also wanderte ich los in Richtung Aarburg, wo auch dieses Jahr wieder ein Weihnachtsmarkt war, mit Kerzenschiffchen auf der Aare.
Am Nachmittag wanderte ich los, barfuß, in kurzen Hosen, mit blauer Trainingsjacke und ohne Mütze. Mein Weg führte durch die Zofinger Altstadt, vorbei am Restaurant Bad Lauterbach, dann einen windgeschützten Weg hinunter nach Oftringen und dann nach Aarburg. Erstmalig in diesem Jahr war auch die Aarburger Kirche zu diesem Anlaß geöffnet, dort war eine Krippe ausgestellt. Im doppeltürmigen Gotteshaus, das malerisch auf einem Felsen über der Stadt thront und zusammen mit der Festung DAS prägende Element Aarburgs darstellt, stand auf einem Schild etwas von einem „Ort der Stille und Besinnlichkeit“. Da war ich mit meinen Nichtschuhen ja gerade richtig, kein klack-klack, kein clog-clog, kein flop-flop usw. Zwar knarrte die Treppe, aber das lag nicht an mir. Somit hatte ich das Gebot der Stille befolgt, was ich eigentlich immer tue, SOLANGE ICH NICHT DEN MUND AUFMACHE! Auch zwei kleine Kinder befolgten dieses Gebot. Sie saßen stumm auf der Kirchenbank und starrten auf meine Körperteile unterhalb der (trockenen) Hosensäume. Anders als der Vater, der in diesen heiligen Hallen telefonierte!
Ich verließ das Gotteshaus über die Treppe am Felsen (hinauf hatte ich den Lift benutzt), wanderte ein erstes Mal über den Weihnachtsmarkt, eigentlich nur auf der „Durchreise“ denn ich wollte zunächst dort längs gehen, wo ich das auf einer verschneiten Bergkette stehende Sälischlößli sehen konnte, während die Sonne blutrot unterging (die Sonne selbst war unsichtbar, da der „Born“ (eine unmittelbar westlich der Aare gelegene Bergkette zwischen Aarburg und Olten) die Sicht zur Sonne verhinderte.
Als dieses Schauspiel vorbei war, begab ich mich zurück in die Stadt, zunächst in die Festung, die über eine Treppe erreichbar war. Während ich auf der Treppe Leute überholte, vernahm ich aus Kindermund so etwas wie „barrrrrrrr-fuuuuuhhhhhsssssss“ oder „Kurrrrrttttzzzzzääääähhh Hoooohhhhhsääääähhhhh“ oder „oooohhhhnääääähhhhh Schuuuuuhäääähhhhh“. Aber auch aus dem Mund eines Erwachsenen tönte etwas wie „blote Fötje!“ Ob das holländisch war? Eine gewisse Verwandtschaft mit dem berndeutschen Wort „bluttfues“ ist unverkennbar. Was andere auch sagen, es ist immer wieder angenehm, barfuß durch die alten Gemäuer der Aarburger Festung zu gehen. Hier war der Ausbrecherkönig Manni – äh – Bernhard Matter untergebracht. Und noch heute sind hier straffällige Jugendliche eingesperrt, die frühe Bezeichnung „Anstalt für schwer erziehbare Jugendliche und Taugenichtse“ wird heute nicht mehr verwendet. Und wehe, man verwendet sie trotzdem, dann solidarisieren sich die „Linken und die Netten“ mit den jugendlichen Straftätern.
Als ich die Festung verließ und wieder ins Städtchen gelangte, fragte mich ein Mann, ob es an den Füßen nicht zu kalt sei, und eine ihn begleitende Frau grüßte freundlich, als ob sie mich kannte. Erst jetzt sah ich, daß es sich um Polizisten handelte. Alle für Aarburg zuständigen Polizisten, egal ob Repol oder Kapo, haben ihren Sitz in Zofingen. Da die Beamten keine Mütze trugen und die Uniformjacke dunkel war, waren sie quasi getarnt (und konnten nicht mit einem Oberförster verwechselt werden). Auch wenn die Polizisten mir diesmal nichts taten, so finde ich es wirklich nicht gut, wenn sie sich derart unauffällig unters Volk mischen. Dann doch lieber in „Oberförsteraufmachung“ und mit Kalkmütze.
Auf dem Markt war jetzt ein ziemliches Gedränge. Ab und zu schnüffelte ein Hund an meinen Beinen. Eine Marktfrau, mit Wintermantel, Schal und fetter Wollmütze sehr winterlich gekleidet, sagte laut: „Brrrrrrr“, als sie mich sah. Mit der Lautstärke hätte sie 10 Pferde inmitten eines Hornissenschwarmes zum Stillstand gebracht. Anschließend begab ich mich zur Aare, wo Kinder Kerzenschiffchen zu Wasser ließen. Es ist immer interessant, wie hier an der „Wog“ ein Teil des Aarewassers nicht dem Flußlauf nach links Richtung Olten folgt, sondern nach rechts abgelenkt wird und eine Stück gegen den Strom fließt. Die zu Wasser gelassenen Schiffchen schwammen „rückwärts“, bis sie dann irgendwann in den Hauptstrom gerieten und mit hoher Geschwindigkeit „vorwärts“ trieben.
Auf einer Bank saßen 3 weibliche Teenager. Ein Mädchen fragte: „Ist es nicht zu kalt? Sie werden doch krank!“ Ich antwortete: „Das ist gesund! Und krank werde ich nicht.“ „Sie werden krank!“ „Nein!“ „Doch!“ Ein anderes Mädchen sagte: „Den habe ich letztes Jahr schon hier gesehen!“ „Nein!“ „Doch!“ Schließlich das dritte Mädchen: „Sie müssen Leggings anziehen. Oder lange Strümpfe! Sonst steht in der Zeitung, daß jemand erfroren ist.“
Das erste fragte: „Wieso laufen Sie so herum? Das macht doch sonst niemand!“ Ich antwortete: „Ich fühle mich in kurzen Hosen und ohne Schuhe einfach wohler. Obendrein ist es gesünder, solange man nicht mitten im Winter damit anfängt. Warum soll ich darauf verzichten, nur weil andere es nicht tun? Ganz davon abgesehen, daß ich Schuhe und lange Hosen hasse.“ „Wenn Sie lange Hosen hassen, dann können Sie ja Leggings anziehen, hi, hi, hi“ „Sind lange Leggings denn keine langen Hosen?“ „Nein, Leggings sind Leggings!“ Als Modemuffel kenne ich mich mit derartigen Feinheiten nicht aus. Zumindest empfinde ich es als albern, einem Menschen, der kurze Hosen trägt und nicht gerne lange Hosen trägt, Leggings zu empfehlen. Genauso wie es albern ist, einem Menschen, der barhäuptig ist und Hüte nicht mag, eine Mütze zu empfehlen. Und noch alberner (und sogar falsch) wäre es einem Menschen, der barfuß ist, weis zu machen, daß er beim Tragen von Sandalen ohne Socken auch barfuß wäre.
Schließlich kam ein älterer Mann vorbei, mit Handschuhen und Mütze. Eines der Mädchen schien ihn zu kennen (vielleicht war es ein Nachbar oder Großonkel) und sagte: „Der ist ohne Schuhe und in kurzen Hosen, der wird doch krank.“ Darauf sprach der Mann: „Der wird nie krank, ich habe einen Artikel in der Zeitung über ihn gesehen.“ „Aber der muß doch krank werden, das ist doch kalt!“ „Wenn man es gewöhnt ist, dann nicht. Es ist erstaunlich, was der menschliche Körper alles vertragen kann. Nur die Allgemeinheit glaubt es nicht, weil sie nie die Erfahrung gemacht hat. Und sie traut sich nicht, damit anzufangen, aus falscher Scham.“ Dann ging er weiter. Besser hätte man gar nicht argumentieren können, fast schon wie ein Dauerbarfüßer/Dauerkurzhösler im entsprechenden Forum gegenüber Neulingen. Ich frage mich nur, weshalb er selber so winterlich vermummt war.
Dann ging auch ich weiter, denn vom Stehen waren meine Füße kalt geworden. Die albernen Gören schrien noch hinterher: „Leggings, Leggings, Leggings!“ Nach etwa 200 Metern hatte ich das lausige Gefühl in den Zehen, dann aber waren meine Füße warm. Etwa 1,5 h später war ich in Zofingen, mittlerweile vereisten einige Pfützen. Ich war auch ziemlich geschlaucht, als ich zu Hause ankam. Fast 6 h war ich unterwegs, und immer auf den Beinen, niemals zwischenzeitlich gesessen.
Und einen Tag später war ich noch einmal in selbiger Aufmachung unterwegs, ebenfalls bei bestem Wetter, diesmal aber nur 5 h. Ich war die Strecke von Zofingen bis Altishofen und wieder zurück gewandert, ein kurzes Stück lag sogar noch ein wenig Schnee – WARMER Schnee!
Schöne Grüße
Michael aus Zofingen
RE: Leuchtendes Aarburg
in Reiseberichte 02.12.2013 11:02von Engel • 1.438 Beiträge | 666 Punkte
Hi Micha
Schöne Reportage, wie immer von Dir.
Das Städtchen ist mir durch mehrere Besuche bekannt (der Onkel einer Exfreundin von mir hatte dort Freunde bei denen wir n paar mal mit zu Besuch waren). Ich finde den Ort sehr beschaulich und denke mir die Kerzenschiffchen auf der Aare ergeben in der Dunkelheit einen schönen Anblick.
Unsere Beamten erkennt man sehr gut, auch wenn sie jetzt vermehrt dunkelblau oder schwarz tragen und nicht wie früher das auffällige "oben-grün-unten-beige", auch verzichten einige auf die auffällige Kopfbedeckung. Aber die dunklen Jacken haben allesamt den fetten Schriftzug "POLIZEI", "ZOLL", "ORDNUNGSAMT", etc auf dem Rücken. Zusätzlich ist meist noch der selbe Schriftzug in klein auf der linken Brustseite und auf einem Ärmel meist noch n Abzeichen (glaube rechtsseitig). Zudem sind alle Schriftzüge als Reflektoren ausgelegt, sodas man sie im dunkeln bei etwas Licht wie nen Weihnachtsbaum leuchten sieht .
Auch wenn mich hier im Umkreis eh alle kennen muss ich mir alljährlich wenn es kälter wird trotzdem die selben Fragen über BF bei dem Wetter, krank werdn und kalte Füße reinziehen. Ich weis nicht ob die Leute so vergesslich sind, oder ob sie nur nen Grund für ein Gespräch suchen. Ältere Menschen, vor allem wenn verwitwet, gehen ja auch immer zu den "Stoßzeiten" einkaufen um mal wieder, wie man bei uns sagt, "unter die Leut" zu kommen und etwas Unterhaltung zu haben. Da kann man dann Neuigkeiten austauschen, oder einfach mal wieder mit Jemandem reden, und wenn's nur über seine nackten Füße ist .
Und ganz sicherlich werd ich auf diversen Weihnachtsmärkten wohl auch wieder öfters gefragt ob man mal meine Füße anfassen darf, weil keiner glauben kann das die nicht kalt sind. Und Fotos werden sicher auch wieder gemacht.
Das geilste war mal auf m Weihnachtsmarkt in Stuttgart (müsste 2006 gewesen sein). Ich war mit meiner damaligen Freundin, ihrer Mutter un deren Freund dort unterwegs. Es war der Ruhetag des Lokals des Freundes der Mutter, und da wir 4 uns immer sehr gut verstanden haben wir an dem Tag immer mal wieder was gemeinsam unternommen.
Wir waren an dem Tag schon ne Weile dort, hatten vorher noch in Bernds Lokal gut gegessen und auf m WM schon n paar Glühwein vernichtet. Die Leute die mich sahen machten hier und da die gewohnten Bemerkunge, stellten Fragen und machten auch mal Bilder. Also alles wie gehabt .
Als wir vom jetzigen Stand zur nächsten Glühweintanke schlenderten bemerkte ich gerade eine Gruppe Asiaten (typisch vollbehängt mit Fotoapparaten) die sich mit nem Weihnachtsmann ablichten liessen. Plötzlich ging in der Gruppe das der Volksgruppe eigene "Geschnatter" los und es wurde auf mich gezeigt. Daraufhin kam Einer davon auf mich zu und fragte in eher schlechtem Englisch, aber in der ihnen anhaftenden fast übermässigen Freundlichkeit, ob sie sich mit mir Fotografieren lassen könnten. Ich dachte noch, "OK, warum nicht" und willigte ein. Wieder geschnatter und der Weihnachtsmann stand urplötzlich alleine da . Bilder wurden mit deren Kameras von meiner "Damaligen" gemacht. Ich fragte dann noch wieso ausgerechnet mit mir und nicht wie üblich die obligatorischen "Weihnachtsmanngruppenbilder"?
Der Mann der mich zuerst angesprochen hatte meinte dann nur, "Bilder mit dem Weihnachtsmann hat fast jeder der mal ne Europatour gemacht hat, aber mit Jemand der im Winter BF unterwegs ist, das ist selten bei uns".
Ich musste ihm aber leider sagen, das im asiatischen Raum schon welche von mir exsistieren, und zwar von meinem Besuch am Nordkap. Da wurde ich auch von asiatischen Horden überfallen .
Gruß Engel
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