Hallo,
am letzten Wochenende im April 2017 war es soweit: zwischen Straßburg und Kehl wurde eine grenzüberschreitende Straßenbahn eingeweiht, und das war mit einem Fest verbunden:
https://www.kehl.de/stadt/tram/index.php
https://www.kehl.de/media-stadt/docs/journal_FINAL.pdf
Auch ich wollte dorthin, also machte ich mich am Samstag auf den Weg. Auch wenn es morgens noch -1°C war, so verzichtete ich doch aufs Tragen bzw. die Mitnahme von Schuhen und langen Hosen. Ich radelte zum Zofinger Bahnhof, besorgte mir am Automaten eine Fahrkarte für die Schweizer Strecken und fuhr um 6.13 Uhr mit der S-Bahn nach Olten, wo ich nach kurzer Wartezeit einen Direktzug nach Basel SBB. Auch hatte ich guten S-Bahn-Anschluß zum Badischen Bahnhof, wo ich mir ein Baden-Württemberg-Ticket besorgen wollte. Da der Automat in der Unterführung funktionierte, auch kein Schlange vor dem Automaten stand, erreichte ich problemlos die Regionalbahn nach Offenburg. Mir ist nicht aufgefallen, ob Leute auf meine Barfüßigkeit/Kurzhosigkeit im Zug bzw. vorher beim Umsteigen reagierten oder nicht. Erst als ich in Offenburg auf die Ortenau-S-Bahn nach Kehl wartete, vernahm ich eine Kinderstimme: „Der läuft barfuß!“. Die „S-Bahn“ füllte sich schnell, und aufgrund der Gespräche vernahm ich, daß viele wegen der Straßenbahn unterwegs waren.
Am Bahnhof Kehl bewegte sich fast die gesamte Triebwagenladung in Richtung Tramhaltestelle, ich bekam noch einen Sitzplatz im Tram, in dem schon einige Personen saßen. Gegen 10 Uhr setzte sich das Tram in Bewegung. Ob ich der erste barfüßige Fahrgast auf der Neubaustrecke war? Zumindest war ich an diesem Tag zum ersten Mal in meinem Leben mit einem Offtopic-Fahrzeug der„Compagnie des transports strasbourgeois (CTS)“ gefahren, ich bei meinen früheren Straßburg-Besuchen mein Velo benutzte.
https://de.wikipedia.org/wiki/Stra%C3%9F..._Stra%C3%9Fburg
Die Straßburger Straßenbahnen sind wirklich angenehm barfuß begehbar, aber welche Trams sind das heutzutage nicht? An diesem Wochenende konnte man die gesamte Linie D (und nur diese Linie) kostenlos benutzen, nicht nur die Neubaustrecke. Zuerst waren überwiegend deutsche Fahrgäste im Tram, spätestens hinter dem Hauptbahnhof aber waren die Franzosen in der Mehrheit. Ich fuhr bis zur Endstation „Poteries“, blieb im Tram sitzen und stieg am Hauptbahnhof aus, wo diese Tramlinie auf einer unterirdischen Station hält. Was mir auffiel: Anders als bei Schweizer Bahnhöfen benutzten hier die Leute die Rolltreppe, die gerammelt voll war (und niemand versuchte auf der Rolltreppe durch gehen andere zu überholen, während ich die feste Treppe für mich alleine hatte. Sie war barfuß gut begehbar. Was mich am Straßburger Hauptbahnhof stört: Das Empfangsgebäude hat eine schöne Fassade. Leider hat man vor die Fassade noch einen gläsernen Anbau geschaffen. Man kommt so zwar trockenen Fußes/Schuhes von den Fernzügen zur „U-Bahn“, und der Glasbau an sich ist auch nicht einmal häßlich, aber sicher hätte es eine andere Möglichkeit gegeben.
Ich verweilte nur kurz am Hauptbahnhof, dann ging ich wieder hinunter zur unterirdischen Tramstation. Ich fuhr aber nur ein kurzes Stück , dann stieg ich aus, um durch die Innenstadt zu gehen. Hier gab es viele Leute, man kam nicht schnell voran. Vor dem Münster hatte sich bereits eine Schlange gebildet. Auch an der Schifflände wimmelte es nur so von Leuten bei diesem schönen Wetter. Ich wanderte weiter zur nächsten Tramhaltestelle und fuhr zurück nach Kehl. Dieses Tram war schon ziemlich voll. Am Kehler Bahnhof war unter anderem ein „Entenköpfer“, bestehend aus einer süßen Dampflok und einem Personenwagen auf einem Stück Schmalspurgleis aufgestellt. Züge dieser Art fuhren früher von Kehl etwa nach Offenburg oder Lichtenau.
https://de.wikipedia.org/wiki/Mittelbadische_Eisenbahnen
Eine Frau vor dem Wageneingang sprach jeden, der hinein wollte, darauf an, daß die oberste Treppenstufe hoch sei. Kein Wort zu barfuß und „gefährlich“. Der Fußboden im Wagen war staubig und angenehm barfuß begehbar.
Dann begab ich mich zu Fuß in Richtung Rheinbrücke. Die neue Trambrücke, die zwischen Straßenbrücke und Eisenbahnbrücke liegt hat auch einen Fuß- und Radweg, und er wurde von vielen an diesem Tag benutzt. Eine Velofahrerin sagte auf Deutsch: „Der schwitzt aber!“ Mittlerweile waren schon etliche Leute „weniger winterlich“ gekleidet, z.B. in kurzen oder zumindest unlangen Hosen, Frauen in ärmellosen Tops, auch bereits etliche Frauen (aber auch Männer) sockenlos in Sandalen oder Flipflops. Ich ging über die Rheinbrücke dann parallel zur Neubaustrecke und dann über eine Trambrücke über einen Kanal zur Haltestelle „Citadelle“. An einem Hafenbecken legte ein Schiff an, mit denen man an diesem Tag kostenlos eine 40 minütige Fahrt unternehmen konnte. Um 14 Uhr fuhr das nächste Schiff, ich konnte aber schon ca. 90 Minuten vorher ein Ticket bekommen und die Warte Zeit in der Nähe verbringen. Sämtliche Fahrgäste mußten vor dem Betreten des Geländes die Taschen/Rucksäcke öffnen, glaubten die etwa an Bomben? An meiner Aufmachung störte sich niemand. Der Boden des offenen Schiffes war barfuß gut begehbar. Die Fahrt durch die Kanäle, die sowohl auf Französisch als auch auf Deutsch kommentiert wurde, war wirklich interessant. Das Wasser war ziemlich dreckig, Am Ufer hielten sich einige „Monsterratten“ auf, vor denen sich einige Kinder ekelten. Eine Ratte schwamm auch durchs Wasser, ebenso wie viele Schwäne und Enten. Auch Kormorane waren zu sehen sowie Störche in der Luft. Einige Hafenanlagen waren stark vergammelt, andererseits befanden sich auch viele Neubauten am Ufer. In die Innenstadt fuhr das Schiff nicht, wohl aber noch zur Trambrücke über den Kanal bis fast zur Eisenbahnbrücke. Sowohl ein Tram, als auch eine Ortenau-S-Bahn waren Grund für manche Fahrgäste, die Kamera zu zücken. Erst beim Verlassen des Schiffes stellte mir ein maximalpigmentierter Mitarbeiter die K-Frage auf Französisch.
Ich begab mich zur Haltestelle, wo viele Leute standen. Manche Kinder zeigten mit dem Finger auf meine nackten Füße. Für einen Mann war es auch Grund genug, mich zu fotografieren (ein Offtopic-Fahrzeug war nicht gerade in Sichtweite). Derselbe Mann fotografierte aber auch einen fettbeschuhten Velofahrer, der an der Leine eine barfüßige Katze führte, die neben seinem Velo lief. Sie schien es häufiger zu machen. Als ersten menschlichen Barfüßer vernahm ich hier ein Kleinkind, das von einer bekopftuchten Mutter auf dem Arm getragen wurde. Dann zwängte ich mich in ein Tram, mit dem ich bis Potieres und dann wieder zurück fuhr bis zum Hauptbahnhof. Ich begab mich von der „U-Bahn-Haltestelle“ an die Oberfläche und schritt zur „richtigen“ Tramhaltestelle (die gibt es auch am Bahnhofsvorplatz). Ich folgten den Gleisen in Richtung Innenstadt. Am Anfang war eine Brunnenanlage, wo sowohl ein kleines Mädchen, als auch ein Mann ihres Füße ins Wasser tauchten. Die Innenstadt war sehr voll. Ich ging zur Schifflände und folgte dem Weg am Wasser in Richtung Mühlenviertel. Auf einer Bank saßen Touristen, die sich ihrer fetten Schuhe entledigt hatten. Wegen der vielen Leute, die andauernd fotografierten, war es schwierig, hier voranzukommen. Generell kann ich sagen, daß die Wege außerhalb der Stadtzentren in Straßburg (oder allgemein in Frankreich?) eher weniger sauber sind als in der Schweiz. Diesen Zustand versuchte eine Frau abzuändern. Sie trug ein langes rotes glänzendes Kleid, ging immer einige Schritte und ließ sich von einem Mann im teuren Anzug fotografieren. Das Kleid fegte dabei den Weg. Das gibt zwar keine nassen und dreckigen Hosensäume, dafür aber einen trockenen und dreckigen Kleidersaum. Im Mühlenviertel gibt es viele schöne Fachwerkhäuser, Turbinenanlagen usw. Auf der anderen Flußseite ging ich zurück, dann durchs Spitaltor und zu einer Tramhaltestelle. Dieses Tram war noch voller als diejenigen, mit denen ich sonst mitgefahren war, nur mit Mühe kam ich rein. Aber auf die Füße getreten hat mir keiner. Ich fuhr bis zum Bahnhof Kehl, mittlerweile war es kurz vor 18 Uhr.
Am Bahnhof herrschte ein Gedränge, aber auch in der Fußgängerzone von Kehl war alles voll. Deutsche und französische Wortfetzen waren zu vernehmen. Aber auch zwei Knaben hatten sich ihrer Schuhe entledigt und gingen barfuß (ansonsten aber recht winterlich gekleidet) in der Nähe der Bank, wo die Eltern saßen. Durch die Fußgängerzone ging ich zu einem Park am Rheinufer, wo zahlreiche Wasserflächen und ein Spielplatz zum Barfußlaufen einladen. Etliche Kinder machten davon auch Gebrauch, aber nur Kinder. Ich hielt mich zunächst dort auf. Als Bäume die Sonne verdeckten, begab ich mich noch direkt ans Rheinufer, wo es noch recht angenehm in der Sonne war. Hier war es so ruhig, ab und zu tuckerte ein Schiff vorbei. Nun einige hundert Meter weiter nördlich konnte ich die 3 Reinbrücken. Der Straßenverkehr kam nur im Schritttempo voran, die Trams überquerten den Rhein deutlich schneller als die 4räder. Die Tramverbindung zwischen Straßburg und Kehl Bahnhof war wirklich eine gute Idee. Und 2018 sollen die Straßburger Trams bis zum Rathaus in Kehl fahren. In der jüngeren Zeit gibt es erstmalig wieder einmal eine französische Tramlinie, die nach Deutschland fährt, während es im Saarland die deutsche Saarbahn bis nach Frankreich (Saargemünd) schafft.
Als es kühler wurde, ging ich wieder zurück zum Bahnhof. Immer noch waren die verkehrenden Trams gerammelt voll. Auch der Bahnhofplatz war voller Leute. Auf dem Bahnsteig stellte mir ein Mann die K-Frage. Als ich im sagte, daß ich öfters barfuß unterwegs sei, auch im Winter. Er meinte, daß das gesund sein soll, aber die vielen Scherben. Ich meinte, daß sich das mit den Scherben in Grenzen halte. Um 20.34 kam ein Zug aus Straßburg, der bereits voll war. In Kehl drängten sich noch weitere in den Zug, von denen viele bis Offenburg wollten. Hier stieg ich um in eine Regionalbahn, die in Freiburg ca. 30 Minuten Aufenthalt hatte, bevor sie weiter nach Basel Bad. Bf. Fuhr. Dann guter Anschluß an einen ICE nach Basel SBB, wo am selben Bahnsteig gegenüber mein Zug nach Zofingen wartete. Gegen 0.40 Uhr war ich in Zofingen am Bahnhof, mittlerweile war es auf 4°C abgekühlt. Noch 5 Minuten mit dem Velo, und ich war zu Hause, ziemlich müde. Trotz alledem: Ich habe den Samstag im Raum Kehl/Straßburg barfuß in vollen Zügen genossen – im wahrsten Sinne des Wortes.
Schöne Grüße
Michael aus Zofingen