Jedenfalls wollte ich die warmen Sommertage dieses Jahr unbedingt nutzen, um barfuß zu sein. So trieb es mich vor kurzem wieder an den Rhein, an dem es während der heißen Hochsommertage dieses Jahres wirklich sehr dick warm war.
Anders als sonst ließ ich das Auto stehen und nahm zu Fuß die Autofähre ans Ufer nach St. Goarshausen. Die Autoüberfahrt kostet 3,50 €, als Einzelwanderer ist es viel billiger. Wenn man den Rhein sonst nur vom Ufer aus zu sehen gewöhnt ist, kommt einem die Überfahrt besonders lohnend vor, weil man auf diesen Fähren so geschwind hinüber gleitet. Auf der Fähre spürte ich die warmen Eisenplatten unter den Füßen, warm nicht nur von der Sonne, sondern auch den Maschinen im Schiffsbauch.
Nach Abenteuern suchend ging ich in St. Goarshausen einen halben Kilometer rheinaufwärts.
Unter einem alten Kran hindurch kam ich zur Bundesstrasse. Bald kam ein verrottetes Hinweisschild „Weinbergsweg zur Loreley“. Ich folgte dem Hinweis. Durch einen winzigen Tunnel konnte ich die Eisenbahn queren. Direkt dahinter begann der Weg, doch – Wildnis noch und noch. Vorbei an einem alten Schuppen gewann ich schnell an Höhe.
Hier hatte man Schieferplatten hochkant und quer in den Boden eingesteckt, um dem Fuß besseren Halt gegen die Steile zu geben. Die Hitze stand in dem Hang, Grillen zirpten, und eine solche Vielzahl fast ausgestorbener Wildkräuter säumte den Wegesrand. Hier, in dem warmen Klima können sie sich halten, werden nicht von moderner Landwirtschaft verfolgt und fristen ein Dasein nur sich selbst, den Insekten und heute mir zu Gefallen.
Je weiter ich mich fortbewegte, desto mehr wurde klar, dass es eine harte Wanderung für Sohlen und gesamtes Fahrgestell würde.
Schon ewig schien hier niemand mehr gegangen zu sein. Ich war froh über meine Wegeswahl. Schon bald wechselte der Weg die Athmosphäre, ich tauchte ein in kühle, niedrige und buschige Wälder. Unter den Bäumen wuchs nur wenig Vegetation, und immer wieder waren kleine Mauern sichtbar, die einst Weinberge eingrenzten. Doch wer will hier im Steilhang heute noch Wein anbauen?
Von Ferne wummerten die Schiffsmotoren der vorbeiziehenden Frachter, während die Tourismusboote eher mit Musikwolken oder Kommentaren die Luft erfüllten. Ich nahm Abstand von alledem, war mit mir und der traumhaften Natur allein und vollauf zufrieden. Jetzt war ich im Steilhang des legendären Loreley-Felsens.
Immer wieder durchquerte ich kleine Lichtungen, welche den Blick in die Ferne des Tales und St. Goarshausen rechter Hand freigaben.
Endlich lugten mir Sonnenstrahlen von der Bergseite entgegen und die Gipfelhöhe des Felsens war ahnbar.
Wie durch ein Loch in einer Hecke verließ ich den Waldhang und kam ins Freie. Sogleich kündete ein Schild von besonderen Freiheiten, die Elche hier genießen dürfen.
Dann lief ich weiter über herrliche Wiesen des Hochplateaus, das ich endlich erreicht hatte.
Doch schon bald zeigten sich wieder einmal dekadente Züge des Menschtums: hier hatte vor kurzem ein dreitätiges Mega-Rockfestival geendet. Entsprechend war alles soweit das Auge reichte mit Müll übersät.
Doch Glassplitter suchte man immerhin vergebens. Der obere Teil des Loreleyfelsens ist eine der größten Open-Air-Festplätze weit und breit. An der schroffen Kante zum Tal liegt Deutschlands (angeblich) schönster Biergarten, allerdings könnte angesichts des sagenhaften Blickes wirklich was dran sein...
Bildquelle: Loreley Events
Ich bewegte mich gemächlich zum Besucherzentrum der Loreley, das eine interessante Ausstellung über die Geschichte des Ortes und der Region sowie eine Kleingastronomie beherbergt. Hier trank ich artig viel Flüssiges, um den Wasserverlust beim Aufstieg auszugleichen. Um mich gerum saßen noch ein paar übrig gebliebene Festivalbesucherinnen. In pechschwarzen Klamotten, aber kurzen Hosen, nackten Beinen und schwarzen Springerstiefeln schmachteten sie in der Hitze. Bald bemerkte ich sehnsüchgtige Blicke zu meinen nackten Füßen. Sei’s drum, bestimmt werden sie während der Rückfahrt, zu der sie ein Freund einlud, als Erstes die Schuhe entfernt haben, Rock-outfit hin oder her…
Indessen bewegten sich zahlreiche inzwischen angereiste Rentner zu dem Biergarten. Doch ich wollte an dem Tag nicht umgeben sein von Rentern, die sich über die restlichen Festivalbesucher mokierten. Für mich kam der Abstieg, der allerdings wirklich hartes Brot für Muskeln, Sehnen und Knochen war. Der Muskelkater des nächsten Tages schwante mir schon jetzt…
Immerhin läuft es sich barfuß auf Schieferböden recht gut, weil die Steine immer flach liegen…
Beim Abstieg fiel mir der Yachthafen am Fuß des Loreleyfelsens auf. Unten im Tal beschloss ich, sogleich dorthin zu gehen. Zwischen zwei riesigen Platanen kam ein Kiosk zum Vorschein.
Bewirtschaftet wird er von einem wissenschaftlichen Mitarbeiter des Senckenberg-Instituts in Frankfurt/Main. Ich bekam frischen Filterkaffee erster Güte. Als mich der Wirt sah, ließ er schnell seine Sandalen stehen und wirtschaftete zufrieden barfuss umher. Es war sehr angenehm, zwischen den Platanen das Leben auf Fluss und Hafen zu beobachten.
Das Hafenbecken ist ein herrliches, kostenloses Naturschwimmbad. Von einer Anlegerampe springen Jugendliche ins Wasser und amüsieren sich. Es gibt praktisch keine gefährliche Strömung, und die Wasserstraße der großen Schiffe liegt durch eine lange Hafenmole abgetrennt. Auch Boote und Yachten sind kaum dort. Bemerkenswerter Weise sind hier trotz Bombenwetters und Tourismus kaum Leute am Baden, also eine Geheimtipp.
Auf der Mole ging ich bis zur Hafenmündung, an der eine Großplastik der legendären Loreley aus Bronze steht. Ich interessierte mich allerdings mehr für die Badenixe an deren Fuß, hatte aber leider das Teleobjektiv vergessen, so dass es bei vagen Visionen blieb…
Wieder nahe der Felswand und am Kiosk angekommen, fiel mir ein merkwürdiges Bauwerk im Felshang auf. Ich stieg nochmals ein Stück bergan. Zwei Türme im neugotischen Stil ragten hier scheinbar zusammenhanglos empor.
Erst dann bemerkte ich, dass ich auf dem Dach des hier beginnenden (alten) Loreleytunnels gelandet war, dessen Mündung hier in den Fels führt.
Durch die Schießscharten beobachtete ich einen durchfahrenden Zug aus ungewohnter Perspektive, und der Boden – besser das hier noch freiliegende Tunneldach bebte unter den Füßen.
Nach einem traumhaften Nachmittag im schönsten Sommer trug mich die Fähre gegen Abend wieder zum anderen Ufer, wo mit der untergehenden Sonne ein herrlicher Barfußtag ausklang.
Saugeile Wanderung und Bilder haste da gemacht. Muss richtig schön gewesen sein. Ich beneide Dich ob der schönen Landschaft, welche sich quasi direkt vor Deiner Haustüre befindet.
herzlichen Dank ob Deines wie immer brillanten Bilderbeitrag eines schönen BF_Ausflugs in einer sehr idyllischen Gegend. Wie Engel schon richtig bemerkte, muß man Dich um Dein "Umland" richtig beneiden. Ich z.B. müßte erst weiß Gott wo hinfahren, um eine ähnlich schöne Landschaft genießen zu können und dort so richtig zu sich kommen - Mensch sein, wenigstens für einen Moment...
In St. Goarshausen war ich auch schon man mit meinem Motorrad mit einen Kumpel auf einen Campingplatz direkt am Rhein zelten. Wir sind damals auch auf die "Loreley" gestiegen - damals leider noch nicht BF, sondern beadidast - meine damalige und erhebliche "Macke". Es war dort einfach herrlich. Der einzige Wermutstropen war die Hauptstraße, welche durch St. Goarshausen führte, vor allem auch Schwerlastverkehr. Dies trübte die Idylle beträchtlich, jedoch wird man dann in der Natur für alles entschädigt. Zu einem Open-air - Event hatte es bei mir zeitlich leider nie gereicht - außer ein einziges Mal, als mich mein Freund auf so ein heavy-metal - event einlud, ich aber kurzfristig beschlossen hatte, mich davon geschwind mal mit über 40°C Fieber zu "verabschieden". Seitdem war nichts mehr.
Schlimm finde ich es, was Leute nach solchen Veranstaltungen alles liegenlassen. Es sollte wirklich dafür gesorgt werden, daß es grundsätzlich keine Gläser gibt. Im Gras sind Scherben sehr gut getarnt, doch wenn man hineintritt, dann aber aua - und schon wie! So wollte ich vor einigen Jahren gerne mal zur Loveparade nach Berlin fahren, was zum einen an meine nicht vorhandenen Zeit lag, und zweitens wegen zahlreiche Scherben, weil es leider mehr als genug (beschuhte) Knallköppe gibt, welchen es Spaß macht, ihre Aggressionen an "wehrlosen" Dingen auslassen, weil sie wissen, die schlagen nicht zurück. Meine Fußsohlen sind zwar äußerst solide, doch es liegt mir fern, die Gefahr heraufzubeschwören.
Dieses Jahr war es äußerst dünn mit BF-Treffen, doch sollte man so ein Treffen für den nächsten Sommer vielleicht mal warm halten. Das wäre bestimmt sehr schön.
Zitat von Jörg 2[Auf der Mole ging ich bis zur Hafenmündung, an der eine Großplastik der legendären Loreley aus Bronze steht. Ich interessierte mich allerdings mehr für die Badenixe an deren Fuß, hatte aber leider das Teleobjektiv vergessen, so dass es bei vagen Visionen blieb…
Hallo, @ Engel @ Kerstin danke für die Rückmeldung. Also, die Landschaft ist sicher hierhübsch, aber schön ist es auch woanders. Noch dramatischer ist es in der Schwäbischen Alb, wenn man mal etwas Ähnliches vergleichen will...
Es geht mir nicht nur um Unterhaltung in diesen Beiträgen. Ich will auch ein wenig eine neue Art der sinnlichen Wanderung durch die Form der Berichterstattung etablieren.
@ RainerL Naja, ich meinte natürlich die abgebildete Badenixe aus Fleisch und Blut...
In Antwort auf:Wie durch ein Loch in einer Hecke verließ ich den Waldhang und kam ins Freie. Sogleich kündete ein Schild von besonderen Freiheiten, die Elche hier genießen dürfen.
begreife ich nicht ganz. Elch-Verkehr frei und oben im Verbotszeichen verboten?????? Nördlich von Mannheim beginnt definitiv der Norden - doch daß Skandinavien soweit nach Spcen reicht wurßte ich auch noch nicht
Gerold
Kann mir mal ein IT-Freak verraten, wie man Bilder zitiert??? markiert hatte ich's, doch kopieren ließ es sich nicht - das aufgehobene Elchverkehrsverbotsschild.
vielleicht gibt es auch eine andere Variante, Bilder zu zitieren, doch ich verwende folgende:
ich kopiere das zu zitierende Bild - mit dem Einverständnis des Autors - und speichere es irgendwo ab - Festplatte, Desktop - egal. Nun verwende ich die Website Image Banana und lade das Bild hoch. Der fett eingerahmte Code ist derjenige, welchen Du dann kopieren mußt. Hier im Forum klickst Du vorher auf [IMG] (zwischen dem [I] und [quote]). Zwischen dem erscheinenden (IMG] und (/IMG] (ich mußte Rundklammern anwenden, da ich sonst dies nicht so anschaulich demonstrieren könnte) fügst Du dann den Code des Bildes ein. Nicht vergessen: das [view] in der Adresse mußt Du in [img] abändern, sonst siehste nur ein kleines rechteckiges Kästchen, in welchem sich ein rotes Kreuzchen befindet. Aus rechtlichen Gründen wende ich hier als Beispiel meine nackten Füße aus meinem Beitrag mit dem Straßenbahnmuseum an!
Nun sieht das dann so aus:
Befehlszeile (abgeändert mit Rundklammern, da die Zeile sonst nicht sichtbar gemacht werden kann - ist also nur zur Demonstration so geschrieben!!!):
Es klingt und liest sich vielleicht etwas kompliziert, doch wenn Du noch Fragen hast, kannst Du sie gerne stellen. Auf jeden Fall hoffe ich, daß Dir diese Antwort weiterhilft.
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