Das kann nur Barfüssern passieren. Dabei heisst das Singspiel aus Kindertagen doch "schau nicht um der Fuchs geht rum". Hätte ich mich an diese Empfehlung gehalten, hätte ich etwas versäumt.
Gestern fuhren wir mit dem Auto durch die Dolomiten, verschiedene Pässe rauf und runter. Vormittag waren die Gipfel noch teils in Wolken, die uns Mittags sogar einhüllten. Danach lockerte es immer mehr auf, wir hatten eine herrliche Fahrt durch ein super Bergpanorama.
Da sah ich ihn das erste Mal. Zunächst hielt ich ihn für einen Hund, denn er schlenderte gemächlich vom einem Parkplatz wo ein Auto stand auf uns zu. Näher betrachtet, sah ich dass es ein Fuchs war. Er zeigte wenig Scheu, daher vermutete ich dass er zu einem Mann gehörte, der gerade eine Drohne startklar machte.
Dies wäre gar nicht so abwegig, denn mein Vater hatte, als er ein Bub war, einen zahmen Fuchs.
Langsam fuhren wir vorbei, so dass ich aus sicherer Entfernung mit dem Tele ein paar Fotos aufnehmen konnte.
Heute war bärenstarkes Wetter, wir fuhren die Runde von gestern, nur andersherum. So hatte ich andere Lichtverhältnisse, und neue Perspektiven.
Gegen Mittag kamen wir über den Pass, wo gestern der Fuchs war. Wenn er zu dem Mann gehört hatte, war er sicher nicht mehr in der Gegend. Den Gedanken hatte ich noch nicht zu Ende gedacht, da rief Leo "der Fuchs". Er querte ohne Eile die Strasse, und verschwand in der Wiese. Die nächste Parkbucht war gut 50 Meter entfernt. Da musste ich raus, und mit meinem Tele auf Pirsch gehen. Vielleicht war er ja noch in Sichtweite.
Nach uns hielt ein Auto, mit einem Paar etwa in unserem Alter, aus Österreich. Für's Italienische fehlten mir eh grad die Worte, drum war ich froh dass sie mich auf deutsch ansprachen. "Ein Fuchs" - dabei zeigte die Frau in meine Richtung, bevor sie langsam ihren Weg fortsetzten.
Nun drehte ich mich um. Der Fuchs stand keine zwei Meter von mir entfernt. Für ein Tele fast zu nah! Er war neugierig, lief ein paar Meter nach rechts, dann nach links so dass ich doch ein paar Fuchsportraits aufnehmen konnte.
Ein paar Fotos mit dem Handy wären auch nicht schlecht. Dafür hatte ich es ja immer griffbereit.
Der Fuchs kam auf mich zu, neugierig, überhaupt nicht aggressiv. Ich würde sagen, wie ein junger Hund. Er kam immer näher, hatte wohl Gefallen an meinen Füssen gefunden. Hunde gehen auch immer auf meine nackten Zehen. Und diese Fuchsschnauze... Tatsächlich, er wollte mich beschnuppern.
Nicht nur das! Er berührte mich.
Langsam ging ich rückwärts, ich wollte ihn nicht erschrecken, doch auch kein Risiko eingehen. Als ich jung war hiess es: trau keinem zutraulichen Fuchs, er könnte Tollwut haben. Die ist zwar so gut wie ausgerottet, doch sicher ist sicher.
Der offensichtlich junge Fuchs wollte wohl eher betteln, denn er näherte sich auch dem offenen Autofenster. Bei uns vergeblich. Denn Wildtiere füttern wir grundsätzlich nicht.
In meinem Leben bekam ich schon viele Hundeküsse. Doch noch keinen Fuchskuss.
Euer Lebenskünstler