Letzte Woche war eigentlich recht sonniges und für die Jahreszeit eher warmes Wetter, allerdings nützte es mir kaum etwas, da gerade Kunden im Hause sind und ich nicht einfach um 16 Uhr Feierabend machen konnte. Zum Glück hat uns die Schlechtwetterfront noch nicht erreicht, so daß ich dieses Wochenende zumindest am Samstag noch genießen konnte. Wieder einmal war ich mit dem Velo unterwegs. Gegen 8.30 Uhr radelte ich los, selbstverständlich barfuß und in kurzen Hosen (und ohne Mütze). Auch die Jacke ließ ich gleich zu Hause, so daß ich quasi ECHT unbejackt war.
Diesmal war die nicht Luzern mein Ziel, sondern ich radelte in die entgegengesetzte Richtung, und zwar aus gutem Grund. Als ich den Hauensteinpaß überquerte, schien gerade die Sonne, so daß das Herbstlaub und die Jurafelsen farbenprächtig schimmerten. Hinter Liestal begegnete ich den ersten bekurzhosten Velofahrern. Weiter ging es in Richtung Basel, allerdings nicht in Richtung Stadtzentrum. Ich überquerte den Rhein am Kraftwerk Birsfelden, um dort Richtung Riehen und dann ans Ufer der Wiese zu fahren. Dann folgte ich weitestgehend dem Radweg am Wiesenufer.
So erreichte ich die Stadt Schopfheim und den Stadtteil Fahrnau, der eine eigene S-Bahn-Haltestelle hat. Hier schob ich das Velo auf den Bahnsteig zum Fahrkartenautomaten, jawohl, der Apparat akzeptierte Euroscheine. Zufällig war es gerade 11.48 Uhr, als pünktlich eine S-Bahn von Basel SBB in Richtung Zell einrollte. Als sie weiterfuhr, schob ich mein Velo barfuß im zügigen Schritt (jedoch nicht im Laufschritt) in Richtung Süden, um die nächste Straße nach rechts abzubiegen. Ich schob mein Velo bis zu einem Gebäude mit Türmchen. An dem Gebäude hing ein Plakat, das ich auch schon an anderen Stellen auf dem Stadtgebiet von Schopfheim gesehen habe. Es zeigte einen Mann, der barfuß und bekurzhost (und auch sonst nicht gerade übermäßig winterlich gekleidet durch den Schnee irgendwo zwischen München und Verona stiefelt – äh – barfüßert. 6 Minuten hatte ich gebraucht von der S-Bahn-Haltestelle zum Gebäude mit dem Türmchen. Also sollte es auch möglich sein, bei einer Ankunftszeit um 19.48 Uhr einen um 20 Uhr in diesem Gebäude beginnenden Vortrag zu erreichen.
Ich war zufrieden, radelte frohgemut wieder zurück in Richtung Basel, allerdings auf anderem Weg. So durchquerte ich auch die Schopfheimer Innenstadt. Etliche Leute starrten in meine Richtung, ich hörte auch jemand sagen: „Da fährt Martl Jung!“ Habe ich wirklich Ähnlichkeit mit Martl? Er ist zwar auch Brillenträger und hat einen Bart, auch haben seine Haare ebenso wie meine Farbe lassen müssen. Aber im Gegensatz zu einer barfüßigen Alpenüberquerung sind barfüßige Velotouren bei fast sommerlichen Novembertagen Peanuts.
Mein Ziel in Basel war der Bahnhof SBB. Ich fand das Gleis, von dem die Züge ins Wiesental abfahren. Ich fand auch den nächsten Billettautomaten. Jawohl, man konnte von hier Fahrkarten nach Fahrnau lösen, was man am Zofinger Automaten nicht kann. Und man konnte kaum eine Fahrkarte lösen, wenn zwischen Ankunft des Zuges aus Richtung Zofingen und der Abfahrt der S-Bahn nur 3 Minuten liegen. Somit steht ungefähr fest, wann ich Zofingen verlassen muß um pünktlich in Fahrnau zu sein.
Ich radelte in Richtung Jakobsberg und schob mein Velo einen Fußweg hoch, auf dem herrlich vie trocknes Laub lag. Beim Reservoir machte ich eine Pause. Es war ziemlich stark bewölkt, so daß ein allzu langer Aufenthalt in Basel nicht sinnvoll war. Regenzeug hatte ich nicht dabei. So fuhr ich weiter, schob mein Velo durch die Wolfsschlucht, wo auch herrliches Laub lag. Es brachte Spaß, barfuß durch diese Laubhaufen zu schlurfen (und dreckige Hosensäume holte ich mir auch nicht).
Ich fuhr in Richtung Barfüßerplatz. Viele kalenderhörige Personen waren total winterlich gekleidet, obwohl es über 15°C warm war. Einzig ein Junge trug eine kurze Hose, die ich sonst nur bei Joggern und Velofahrern gesehen habe. Dazu trug er ein kurzärmeliges T-Shirt, Turnschuhe und Sockenlosigkeitvortäuschsocken. Ich schob mein Velo in Richtung Münster, wo ein Riesenrad aufgestellt war. Dann schob ich mein Velo über die Mittlere Brücke, um dahinter rechts abzubiegen und auch den Veloweg am Rheinuferweg zu gelangen. Drei fett beschuhte, belanghoste und bemützte Polizeischergen waren zu Fuß unterwegs. Nein, sie hatten es nicht auf mich abgesehen, sondern auf einen Autofahrer mit schwarzer Hautfarbe. Der Mann mußte aussteigen und seinen Führerschein zeigen (obwohl er meines Erachtens nicht verkehrswidrig verhalten hat). In mir kam die Wut hoch. Die Bullen sahen ohnehin schon extrem unsympathisch aus. Aber der unhöfliche Ton gegenüber dem Schwarzen brachte auch mich aus der Fassung. Ich verachte fremdenfeindliche Polizisten (und andere Personen), egal ob das „Fremde“ eine „falsche“ Hautfarbe, eine „falsche“ Staatsbürgerschaft, nicht vorhandenes Schuhwerk, eine kurze Hose, eine nicht angezogene Jacke oder sonst was ist. Bevor ich weiterfuhr, rief ich den Beamten ein paar passende, wenn auch nicht übermäßig höfliche Worte hinterher, aus Solidarität mit dem schwarzen Mann - als späte Rache für das, was mir die Basler Polizei (gehört ebenso abgeschafft wie die deutsche Bundespolizei) schon an Unannehmlichkeiten wegen bekleidungsspezifischen Dingen gebracht haben.
Bei all dieser Aufregung habe ich doch beim Vorbeifahren an der Münsterfähre glatt vergessen nachzuschauen, ob der Fährmann barfuß oder fett beschuht war. Dann ging es über Birsfelden, Muttenz und Liestal zurück nach Hause. In Liestal war eine Junge Frau mit Riemchensandalen (ja, die gibt es wirklich und nicht nur in den Ausführungen von Fakern) ohne Socken, und zwar in Kombination mit langen schwarzen, eng anliegenden Hosen. Auch trug sie schwarze Handschuhe (aber keine Mütze). In Olten war ein kleines Mädchen (in Begleitung der Eltern) in ärmelloser Oberbekleidung (aber mit langen Hosen und fett beadidast (oder sonst wie besportschuht). Als es eindunkelte, erreichte ich die „verbotene Stadt“ durch die ich noch radelte, bevor ich nach Hause fuhr.
Schöne Grüße
Michael aus Zofingen