Heute hab ich mal ausprobieren wollen, ob ich auf unseren Hausberg auch ohne Schuhe raufkomm. Bin gestern extra früh ins Bett - um halb zwei war ich schon in den Federn :P - und bin dann mit dem Rad meines Bruders bis zum Parkplatz am Fuße des Berges gefahren. Zum Radfahren trage ich allerdings sehr wohl Schuhe, das ist eine der wenigen Dinge neben Schifahren und Eislaufen wo ich mich barfuß nicht so wohl fühle...
Eigentlich hab ich nicht wirklich damit gerechnet, bis zum Gipfel zu kommen. Es ist zwar kein schwieriger Berg, keine echte Kletterei oder so, aber der Weg ist steil, steinig und lang. 1200 Höhenmeter schlängelt er sich erst durch denn Wald, dann entlang von Geröllfeldern und schließlich über alpine Matten zum Gipfel. Aber es ging mir erstaunlich gut, die größte Schwierigkeit bestand darin mich nicht schon beim Anstieg druch den Wald mit Pilzen zu beladen. Auch jenseits der Waldgrenze findet sich auf oder an den Wegen eigentlich meist ein Plätzchen zwischen den spitzen Steinen, wo man seinen Fuß hinsetzen kann beziehungsweise sind die Steine direkt am Weg durch die vielen Wanderer oft schon nicht mehr ganz so spitzig wie man es in einem Karstgebiet erwarten würde. Ab und zu muß man freilich in den sauren Apfel beißen, so ist etwa zweimal ein Geröllfeld zu queren, da kommt man nicht aus. Wobei Geröll nicht gleich Geröll ist. Besonders unangenehm sind etwa faustgroße Steine. Sind sie kleiner, verteilt sich das eigene Gewicht auf viele Spitzen, und sind sie größer kann man schon wieder gezielt auf einzelne Steine steigen. Aber die mittelgroßen sind mir einfach unsympathisch. Unangenehm ist es auch, wenn es so steil ist daß der Fuß im Geröll abrutscht. Aber das läßt sich durch sorgfältiges Steigen und Einstz der Hände eigentlich weitgehend vermeiden. Die letzten dreihundert Höhenmeter ging es über alpine Wiesen, sehr angenehm zu gehen. Der Weg ist mit 3 1/2 Stunden angeschrieben, ich war in 2 Stunden oben. Es ist zwar normal, daß sich die Zeiten an den Tafeln eher an schwächeren Gehern orientieren, aber 2 Stunden ist schon fix. Mit Schuhen war ich nie so schnell. Zwar stakst man auf den Geröllfeldern rum wie der erste Mensch, aber dort wo man gut steigen kann holt man diese Zeit scheinbar locker wieder rein. Ich wußte schon vorher, daß man ohne Schuhe ökonomischer gehen kann, daß es aber so viel ausmacht hätte ich doch nicht erwartet. Ein Murmeltier und vier Steinböcke konnte ich beobachten. Alle an den Menschen gewöhnt, da konnte man relativ nah heran. Ich war "unecht" barfuß unterwegs, ich hatte meine Five-Fingers im Rucksack. Aber sie kamen nicht zum Einsatz, auch nicht beim Abstieg, wo man die Steinchen etwas intensiver spürt. Trotzdem würde ich sie wieder mitnehmen, man muß nur einen schlechten Tag erwischen oder sich eine kleine Verletzung einfangen und der Abstieg würde zur Tortur. Ein paar Wanderer habe ich unterwegs getroffen, aber wirklich tiefschürfende Gespräche über das Barfußgehen kamen nicht dabei heraus. Ein paar anerkennende Worte die meinem Ego schmeichelten, das Übliche, aber nichts Besonderes. Einer hat meine Füße fotographiert. Aber dann, im unteren Bereich des Abstieges, sind mir doch zwei Leutchen entgegengekommen, einer davon - barfuß! Früher hat man NIE barfüßige Leute auf den Bergen gesehen und heute krabbeln gleich zwei hinauf... es werden scheinbar langsam mehr! Ich glaube aber nicht, daß sie es bis auf den Gipfel geschafft haben. Es war schon gegen Mittag, als ich sie getroffen habe und bald danach haben sich die Quellwolken verdichtet so daß es törichter Leichtsinn gewesen wäre nicht umzukehren. Am Nachmittag hat es auch gewittert. Aber er war kein Durchschnittsbarfußpfadtourist; das erste Geröllfeld hatte er jedenfalls durchquert und das war nicht ohne. Er hatte zweifellos die Eier es auch bis ganz nach oben zu schaffen wenn er nur etwas früher gestartet wäre.
Ich stelle wieder einmal fest, daß meine Fußsohlen nach anspruchsvollen Touren deutlich empfindlicher sind. Ich glaube, daß es Mikroverletzungen unter der Haut sind, die entstehen wenn man auf spitze Steine tritt. So minimal, daß man sie erst spürt wenn man sich ein paar tausend davon zugezogen hat. Aber dann kommt einem grober Asphalt, wo man sonst drüberrennt wie nix, plötzlich vor wie ein Nagelbrett. Meiner Erfahrung nach dauert das etwa ein bis zwei Tage. Außerdem - und das ist eigenlich die wichtiger Feststellung weil die Moral der ganzen Geschichte - habe ich gelernt, daß man ohne Schuhe viel weiter kommt als man es zunächst vielleicht glaubt. Auch wenn man glaubt das schon gewußt zu haben und nun einschätzen zu können, wie weit es tatsächlich möglich ist. Wenn man versucht, seine Grenzen auszuloten, wird man fast immer überrascht sein daß sie ganz woanders liegen als man sie eigentlich vermutet hätte!
Ich habe ein paar Fotos gemacht die ich Euch zeigen wollte. Leider habe ich keine Ahnung wo das Datenkabel meiner Kamera ist... wenn Interesse besteht, kann ich sie aber später nachreichen.
herrlich geschrieben. ich kann mir genau vorstellen, mich über die Geröllhalde zu quälen, und anschliessend die Fußsohlen mit weichem, vielleicht sogar feuchtem Gras zu belohnen.
Solche Berichte wie den deinen sollen wir öfters mal lesen können.
danke für den ausführlichen und gelungenen Bericht! Das ist genau die Art von Beiträgen, welche ich am liebsten lese.
Ich war schon lange nicht mehr so richtig in den Bergen, letztmals 2006 in Tirol. Ich bin zwar auch in den folgenden Jahren immer wieder mal nach Tirol gekommen (zusammen mit Leo), aber das waren jeweils nur Tagesausflüge ohne anspruchsvolle Wanderungen.
Barfuß auf einen Berg zu steigen macht schon Freude, sofern man nicht irgendwelche anspruchsvollen Kletterpartien, die ohne Hilfsmittel kaum oder gar nicht zu schaffen sind, bewältigen muß (wozu mir sowohl die Übung als auch die Kenntnisse der Handhabung fehlen), und auch ich habe immer wieder festgestellt, wie leicht es geht, auf geschotterten Waldwegen übrigens am besten, wenn sie regennaß sind. Am liebsten sind mir indessen markierte Naturwege über irgendwelche Matten oberhalb der Baumgrenze, aber ich habe auch schon einmal einen Gletscher (die Pasterze am Großglockner) überquert (ich war von dem großen Parkplatz auf der Franz- Josefs- Höhe hinabgestiegen und nach der Überquerung auf demselben Wege wieder zurückgekehrt). Größere Geröllfelder habe ich freilich noch nicht barfuß durchquert; bei der Stakserei, von der Du ja auch berichtest, täte ich wohl keine gute Figur machen. Aber auch in meiner Heimat gibt es anspruchsvolle Böden, nämlich die Flußkiesel am Rhemufer, auch wenn die vom Wasser glattgeschliffen und daher nicht so spitz wie das Haldengeröll auf den Bergen sind. Aber auch da gilt Deine Beobachtung, daß die faustgroßen Steine am unangenehmsten sind, während ich über Kies aus kleineren Steinen gut gehen kann.
Eines aber habe ich bisher nach jeder einigermaßen anspruchsvollen Wanderung bemerkt: am anderen Morgen sind die Füße so beansprucht, daß ich nach dem Aufstehen jeden Schritt deutlich spüre.
Ich habe auch schon einige Touren auf alpinem Gelände gemacht und weis wie übel ein Geröllfeld zu überqueren sein kann. Am unangenehmsten finde ich auch Steingrößen zwischen Gleisbettsteinen und Faustgröße. Wobei ich mich nicht scheue auch solches Terrain zu begehen.
Das Gefühl das Du beschreibst kenne ich auch. Eigentlich dachte ich nach den ersten paar Jahren meiner BF-Karriere in denen ich nach ungewohnter Belastung meiner Fußsohlen am nächsten Tag wie auf glühenden Kohlen lief, das meine Füße jetzt eigentlich alles gewohnt sind. Und so war es dann auch einige Jahre lang in denen ich auch viel wanderte und vor keinem Untergrund zurückschreckte. Doch seit dem ich gesundheitlich angeschlagen bin und deshalb manchmal auch Tage lang nicht aus dem Hause komme werde ich wieder öfters damit konfrontiert. Gerade dann wenn ich mal ne Weile garnichts getan hab und dann mal wieder nen Tag erwische an dem ich mich super fühle und mit Freunden was unternehme. Dann schmerzt stellenweise sogar am nächsten morgen der Teppichboden in meinem Wohnzimmer . Manchmal tritt das Gefühl schon direkt nach der Wanderung auf, wenn man danach noch irgendwo ne Stunde oder so einkehrt und dann wieder weiter geht. Ob es sich dabei um Mikroverletzungen handelt kann ich nicht sagen, aber die Vermutung liegt nahe. Das selbe Gefühl hatte ich früher auch schon an den Händen wenn ich mal ungewöhnlich schwere Arbeit mit selbigen verrichten musste (im Garten mit der Schaufel, oder bei der Arbeit). Auf die Dauer schädlich dürfte das aber nicht sein.
Gruß Engel
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Zitat von EngelIch habe auch schon einige Touren auf alpinem Gelände gemacht und weis wie übel ein Geröllfeld zu überqueren sein kann. Am unangenehmsten finde ich auch Steingrößen zwischen Gleisbettsteinen und Faustgröße. Wobei ich mich nicht scheue auch solches Terrain zu begehen.
Hi Engel,
ich tät mich zwar auch nicht scheuen, ein Geröllfeld barfuß zu durchqueren, aber ich weiß leider auch, daß ich dabei ziemlich herumstakste und sehr langsam wäre, was leider keine gute Figur abgibt. Wenn nun außer vielleicht irgendwelchen Tieren niemand zuschaut, macht mir das nix aus, aber wenn dann irgendwelche fett beschuhten Wanderer herbeikommen, kann ich mir die hämischen Blikke vorstellen.
Zitat von EngelDas Gefühl das Du beschreibst kenne ich auch. Eigentlich dachte ich nach den ersten paar Jahren meiner BF-Karriere in denen ich nach ungewohnter Belastung meiner Fußsohlen am nächsten Tag wie auf glühenden Kohlen lief, das meine Füße jetzt eigentlich alles gewohnt sind. Und so war es dann auch einige Jahre lang in denen ich auch viel wanderte und vor keinem Untergrund zurückschreckte. Doch seit dem ich gesundheitlich angeschlagen bin und deshalb manchmal auch Tage lang nicht aus dem Hause komme werde ich wieder öfters damit konfrontiert. Gerade dann wenn ich mal ne Weile garnichts getan hab und dann mal wieder nen Tag erwische an dem ich mich super fühle und mit Freunden was unternehme. Dann schmerzt stellenweise sogar am nächsten morgen der Teppichboden in meinem Wohnzimmer . Manchmal tritt das Gefühl schon direkt nach der Wanderung auf, wenn man danach noch irgendwo ne Stunde oder so einkehrt und dann wieder weiter geht.
Das habe ich gar nicht gewußt, denn gerade Dich hatte ich immer für besonders "geländegängig" gehalten, wobei ich mich allerdings schon fragte, ob man, wenn man als Schuhträger aufgewachsen ist, überhaupt jemals halbwegs "normal" über Geröll oder Gleisbettschotter laufe kann. Wenn es nur wenige Meter sind, kann ich das ganz gut, aber wenn ich eine größere Strekke über ein (stillgelegtes) Gleis gehen müßte, tät ich mich an die Schwellen halten.
Zitat von EngelOb es sich dabei um Mikroverletzungen handelt kann ich nicht sagen, aber die Vermutung liegt nahe. Das selbe Gefühl hatte ich früher auch schon an den Händen wenn ich mal ungewöhnlich schwere Arbeit mit selbigen verrichten musste (im Garten mit der Schaufel, oder bei der Arbeit). Auf die Dauer schädlich dürfte das aber nicht sein.
An Mikroverletzungen habe ich noch gar nicht gedacht, und ich glaube es auch nicht. Daß ich mich nach einer sehr ausgiebigen Wanderung anderntags wie "eingerostet" fühle, habe ich immer auf Muskelkater zurückgeführt.
und ich dachte immer, Ihr wärt so abgehärtet, dass Ihr über alles flitzt. Na, dann brauche ich mich ja auch nicht als Weichei und Warmduscher zu betrachten.
Zitat von Dominik R. im Beitrag #3Schöner Bericht!
Kletterst du oft im Gebirge? Und immer barfuß?
Liebe Grüße, Dominik
Danke. :-)
Ja, ich bin schon öfters am Berg, wenn auch leider nimmer so viel wie früher. Barfuß war das erst die dritte etwas längere hochalpine Tour die ich gewagt habe, aber es werden sicher noch mehr werden...
Hier noch ein paar Eindrücke:
Der Weg da hinauf ist besser zu gehen als man auf den ersten Blick vermuten würde... die meiste Zeit geht es ganz gut dahin, und oft kann man auch neben dem Weg im Gras gehen: manchmal muß man freilich in den sauren Apfel beißen... :-/ Weiter oben dann, das ist ja fast schon kitschig! Nach zwei Stunden endlich oben. :-) Blick nach Nordosten: die Eisenerzer Alpen. Unweit des Gipfels: Drei ältere Steinböcke und ein Jahrling.
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