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Dieses Thema hat 2 Antworten
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 Barfuß und Leben
Michael aus Zofingen Offline



Beiträge: 730
Punkte: 384

02.11.2015 05:11
Klassentreffen mit Hindernissen, Teil 1 Zitat · Antworten

Hallo!

Am Samstag, den 24.10.2015 um 18.00 Uhr fand ein Treffen ehemaliger Pennäler des Pinneberger Johannes-Brahms-Gymnasiums im Hotel Fuchsbau in Rellingen-Krupunder statt, ziemlich genau zwei Jahre nach meinem ersten Treffen dieser Art. Da ich auch diesmal nicht mit überteuerten IC’s und ICE’s anreisen wollte, sondern mit Offtopic-Fahrzeugen des Nahverkehrs, startete ich die Anreise bereits am Freitag. Ich war bereits im Besitz einer „Quer-durch-Land-Karte“ (zwei Wochenenden zuvor in Weil/Rhein besorgt) und einer Fahrkarte Zofingen-Basel SBB einfach. Somit war schon mal ein Verpassen von Zügen wegen klemmender Automaten oder Schlangen (Menschenschlangen natürlich) davor ausgeschlossen. Mit pünktlichen Anschlüssen kann man ohnehin nicht rechnen. Weiterhin wollte ich mich nicht durch allzu schweres Gepäck selbst behindern. Da ich im kleinen Rucksack anders als beim letzten Mal einen Schlafsack dabei hatte, war für „unechte Gepäckstücke“ kein Platz.

Mit dem Velo fuhr ich bis zum Zofinger Bahnhof. Es war ca. 13°C warm, der Himmel war bedeckt, ich war barfuß, trug eine kurze Hose, die die Bezeichnung kurz auch verdient, und ein ärmelloses T-Shirt. Die Jacke benötigte ich für die kurze Strecke nicht. Die Leute auf dem Bahnsteig waren deutlich winterlicher gekleidet als ich, aber böse Bemerkungen gab es nicht. In Basel SBB wartete gerade eine Kindergartengruppe auf dem Bahnsteig, viele der Kinder trugen fette Wollmützen. Einige glotterten, als sie mich sahen, die meisten aber standen nur mit offenem Mund dort. Weiter ging es mit der S-Bahn bis Basel Badischer Bahnhof, dann hatte ich 40 Minuten Aufenthalt. Lieber so, als einen Zug später fahren und bei Verspätung und nur 6 Umsteigezeit den Anschluß verpassen. So hatte ich noch Zeit, ein bißchen in der Nähe des Bahnhofs herumzuwandern.

Weiter ging es mit dem RE in Richtung Offenburg. In Basel waren auch zwei junge Frauen zugestiegen. Beide trugen lange, aufgekrempelte Jeans mit ziemlich großen Löchern, Turnschuhe und Sokkenlosigkeitvortäuschsokken, als Kontrast dazu weit über die Ohren gezogenen Mützen. Meine Aufmachung störte sie nicht. Kurz bevor der Zug in Haltingen einfuhr, hörte ich hinter meinem Rücken eine Tür klappen, während die jungen „Damen“ sich hastig erhoben und in die andere Richtung gingen. Ich drehte mich um und sah zwei bekalkmützte Beamte der Bundespolizei. Sicherheitshalber stellte ich meinen Rucksack auf meine Beine, um bei einer allfälligen Kontrolle schneller die Papiere parat zu haben (und GANZ ZUFÄLLIG verunmöglichte ich damit, daß vorbeigehende Personen einen ungehinderten Blick auf meine nackten Beine und Füße hatten. Vom anderen Wagenende näherte sich eine weitere Kalkmütze. Die beiden Mädchen schrien „HUCH!“ Ob sie keine Fahrkarte dabei hatten. Anders als noch vor Jahren trugen die Bundespolizisten keine grüne „Oberförsteruniform“ mehr, sondern eher eine, die denen der „Schwarzen Sheriffs“ ähnelte. Womit mir die Bundespolizisten auch so viel unsympathischer wurden, wie ich einen „Schwarzen Sheriff“ unsympathischer finde als einen Oberförster. Der einzelne Bundespolizist interessierte sich aber nicht für die flippig gekleideten Mädels. Er ging unsanft an ihnen vorbei, worauf eines der Mädchen schrie: „Aua, das tut weh!“ Ob er mit seinen fetten Springerstiefeln auf die beturnschuhten Füße getreten war? Wie hätte es wohl geschmerzt, wenn sie barfuß oder auch nur beflipflopt gewesen wären?

Kurz vor meinem Platz wurde der Polizist langsamer. Verdammt, dachte ich. Haben die überbezahlten Grüsel denn nichts Besseres zu tun als Männern in kurzen Hosen und ohne Schuhe das Leben zur Hölle zu machen? Ich atmete auf. Er ging an mir vorbei. Hatte mein Rucksack auf den Beinen Wunder bewirkt? Vermutlich nein, denn hinter mir vernahm ich eine Stimme: „Wo willst du hinfahren?“ Darauf eine Antwort auf Deutsch mit etwas englischem Akzent: „Nach Freiburg, wollen Sie meine Fahrkarte sehen?“ „Die kannst du uns draußen zeigen!“ war die barsche Antwort. Der Zug hielt an, und danach sah ich, wie die drei Kalkmützen einen ca. 30jährigen Schwarzen aus dem Zug führten, um dort Fahrkarte oder was auch immer zu kontrollieren. Mir tat der Mann leid. Er trug (anders als ich) eine ordentliche Jacke, eine lange Stoffhose (keine löchrige Jeans), geschlossene Schuhe und (genau wie ich) keine Mütze. Nur weil er eine schwarze Haut hatte, wurde er derart von den Polizisten gegängelt. Ich bin fest davon überzeugt, daß es eingeplant war, den Mann daran zu hindern, pünktlich am Ziel zu sein, Schikaneverbot hin oder her. Diese Beamten fühlten sich dank ihrer Uniform (und ihrer Schußwaffe) – und weil sie in der Überzahl sind – als was Besseres, egal wegen was. In diesem Fall war es die schwarze Haut, bei mir in der S-Bahn Zürich-Wettingen war es vor einigen Wochen meine „für mein Alter unpassende Kleidung“, und vor etwas mehr als 70 Jahren war es in Deutschland – ach reden wir nicht drüber!

Dann setzte sich der Zug wieder in Bewegung. Am liebsten hätte ich da Zugfenster geöffnet und den Beamten ein paar passende Worte nachgerufen. Aber leider lassen sich diese verdammten Fenster in den heutigen Zügen nicht mehr öffnen. Also begnügte ich mich damit diese Worte in (für mich) normaler Lautstärke vor mich hin: „Scheiß Bullen! Rassisten! Nazischweine! Pädophiler Abschaum!“

Wenige Sekunden später öffnete sich wieder die Tür, und eine Stimme ertönte: „Die Fahrkarten bitte!“ Es war der „normale“ Schaffner. Er störte sich überhaupt nicht an meiner Aufmachung und wünschte mir (und anderen Fahrgästen) eine gute Weiterreise. Auch wenn es weder zu voll im Zug war, noch der Zug Verspätung hatte, und auch sonst nichts Negatives passiert war, so blieb ich doch unruhig bis Offenburg. Wie leicht hätte es mich treffen können, und mein Weg war noch weit, auch wenn ich Zeitreserven eingeplant hatte.

Schöne Grüße
Michael aus Zofingen

Fortsetzung folgt!


Markus U. Offline




Beiträge: 1.958
Punkte: 794

02.11.2015 12:11
#2 RE: Klassentreffen mit Hindernissen, Teil 1 Zitat · Antworten

Hi Michael,

zunächst einmal ganz herzlichen Dank für diesen herrlichen fünfteiligen Bericht "in gewohnter Qualität". Wenn ich Deine Berichte lese, habe ich oft ein Gefühl, als wäre ich dabei, und Dein feiner, hintergründiger Humor gefällt mir besonders gut. Aber ich kann doch nicht ganz umhin, ein paar Anmerkungen zu machen.

Zitat von Michael aus Zofingen
In Basel SBB wartete gerade eine Kindergartengruppe auf dem Bahnsteig, viele der Kinder trugen fette Wollmützen. Einige glotterten, als sie mich sahen, die meisten aber standen nur mit offenem Mund dort.



Was bedeutet "glottern"? Ich kenne nur die Ausdrükke "glotzen" (= jemanden oder etwas verständnislos anschauen) sowie "schlottern" (= vor Kälte oder Angst zittern).

Zitat von Michael aus Zofingen
Ich drehte mich um und sah zwei bekalkmützte Beamte der Bundespolizei. Sicherheitshalber stellte ich meinen Rucksack auf meine Beine, um bei einer allfälligen Kontrolle schneller die Papiere parat zu haben (und GANZ ZUFÄLLIG verunmöglichte ich damit, daß vorbeigehende Personen einen ungehinderten Blick auf meine nackten Beine und Füße hatten. Vom anderen Wagenende näherte sich eine weitere Kalkmütze. [...]

Kurz vor meinem Platz wurde der Polizist langsamer. Verdammt, dachte ich. Haben die überbezahlten Grüsel denn nichts Besseres zu tun als Männern in kurzen Hosen und ohne Schuhe das Leben zur Hölle zu machen? Ich atmete auf. Er ging an mir vorbei.



Obwohl ich die Bundespolizei auch nicht leiden kann, muß ich doch feststellen, daß die speziell Dich anscheinend nicht "auf dem Kieker" haben. Die (wenigen, aber rüden) Bundespolizeikontrollen, die ich vor mittlerweile mehr als zehn Jahren erlebt hatte, waren sämtlich von "Zivilbullen" vorgenommen worden, während uniformierte Polizisten mich bisher stets in Ruhe gelassen haben und mich nicht einmal dann auf meine nackten Füße ansprachen, wenn ausnahmsweise ich mal etwas von ihnen wollte (z. B. gegen einen Falschparker, dessen verkehrswidrig geparktes Fahrzeug mich am Wegfahren hinderte, vorgehen). Ich gehe davon aus, daß die meisten Kontrollen, die Du (zumindest in Deutschland) erleidest, von Schutzpolizisten, welche ihrerseits von mißtrauischen oder besorgten "Füdlibürgern" auf Dich angesetzt worden sind, vorgenommen werden.

Zitat von Michael aus Zofingen
Hatte mein Rucksack auf den Beinen Wunder bewirkt? Vermutlich nein, denn hinter mir vernahm ich eine Stimme: „Wo willst du hinfahren?“ Darauf eine Antwort auf Deutsch mit etwas englischem Akzent: „Nach Freiburg, wollen Sie meine Fahrkarte sehen?“ „Die kannst du uns draußen zeigen!“ war die barsche Antwort. Der Zug hielt an, und danach sah ich, wie die drei Kalkmützen einen ca. 30jährigen Schwarzen aus dem Zug führten, um dort Fahrkarte oder was auch immer zu kontrollieren. Mir tat der Mann leid. Er trug (anders als ich) eine ordentliche Jacke, eine lange Stoffhose (keine löchrige Jeans), geschlossene Schuhe und (genau wie ich) keine Mütze. Nur weil er eine schwarze Haut hatte, wurde er derart von den Polizisten gegängelt. Ich bin fest davon überzeugt, daß es eingeplant war, den Mann daran zu hindern, pünktlich am Ziel zu sein, Schikaneverbot hin oder her. Diese Beamten fühlten sich dank ihrer Uniform (und ihrer Schußwaffe) – und weil sie in der Überzahl sind – als was Besseres, egal wegen was. In diesem Fall war es die schwarze Haut, bei mir in der S-Bahn Zürich-Wettingen war es vor einigen Wochen meine „für mein Alter unpassende Kleidung“, und vor etwas mehr als 70 Jahren war es in Deutschland – ach reden wir nicht drüber!

Dann setzte sich der Zug wieder in Bewegung. Am liebsten hätte ich da Zugfenster geöffnet und den Beamten ein paar passende Worte nachgerufen. Aber leider lassen sich diese verdammten Fenster in den heutigen Zügen nicht mehr öffnen. Also begnügte ich mich damit diese Worte in (für mich) normaler Lautstärke vor mich hin: „Scheiß Bullen! Rassisten! Nazischweine! Pädophiler Abschaum!“



Daß auch in Deutschland "Verdächtige" aus einem fahrenden Zuge herausgeholt werden, wundert mich zwar, weil ich dergleichen noch nicht erlebt habe (und so bald wohl auch nicht erleben werde, weil ich meine "Bahncard 50" gekündigt habe und die bisherige zum 30.11.2015 abläuft). Bei "fremdländisch" aussehenden Menschen ist aber zu bedenken, daß es sich meist um Bürger nichteuropäischer Staaten handelt, bei denen man überprüfen muß, ob sie eine Aufenthaltsberechtigung oder ein Visum haben. Und diesmal nehme ich trotz unverminderter Wertschätzung Deiner Person Anstoß an Deinem Geschimpfe (und das will etwas heißen), zumal Du gar nicht betroffen warst. Polizisten als "Nazis" und "Pädophile" zu bezeichnen, geht mir eindeutig zu weit.

Barfüßige Herbstgrüße,
Markus U.


Engel Offline




Beiträge: 1.438
Punkte: 666

02.11.2015 21:52
#3 RE: Klassentreffen mit Hindernissen, Teil 1 Zitat · Antworten

Zitat von Markus U. im Beitrag #2
...Polizisten als "Nazis" und "Pädophile" zu bezeichnen, geht mir eindeutig zu weit.

Barfüßige Herbstgrüße,
Markus U.





Ich wollte ja ursprünglich "nur" auf den letzten Teil von Micha's mal wieder super geschriebenen Bericht antworten. Aber die von Dir Markus angeführte Textstelle "zwingt" mich auch hier etwas dazu zu schreiben.
Sicher ist auch mir die Aversion Micha's (und nicht nur die Seine) gegenüüber Ordnungshütern aller Couleur bekannt und ob seiner Erlebnisse mit ihnen kann ich das auch teils nachvollziehen. Aber solche Titulierungen sind dann auch für mich etwas zu krass. Selbst wenn die Nazikeule in Deutschland z.Z. ein beliebtes und fast salonfähiges Mittel dafür ist seinen Unmut gegenüber jeder negativen Handlung an "Fremdländern" kund zu tun, ist dass im Zusammenhang mit behördlichen Kontrollen nicht zu rechtfertigen. Wenn Du mal nachforschst wieviele "Ausländer" illegal in Deutschland leben und wieviele der traumatisierten Flüchtlinge alleine dieses Jahr in unserem Land ohne jegliche Erfassung verschwunden sind, dann bleibt garnichts anderes übrig als jeden mit fremdländiscem Aussehen als potenziellen Illegalen zu kontrollieren.
Und der Begriff "Pädophile" ist im Zusammenhang mit Polizisten schon garnicht tragbar. Der ist da schon eher auf Grünenpolitiker und katholische Priester anzuwenden obwohl man da auch nicht pauschalisieren darf. Klar gibt es in beiden Gruppierungen schwarze Schafe, aber das Gros ist doch als "normal" anzusehen.

Gruß Engel




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