Hallo!
Am letzten Samstag war hier in Zofingen sonniges und nachmittags mildes Wetter (morgens hatten wir dank klarer Nacht noch Bodenfrost). Bei derartigen Temperaturunterschieden (die obendrein vergleichsweise schnell erfolgen) überrascht es nicht, daß die Klamottenpalette recht vielseitig war (Fußgänger mit Handschuhen, fetten Wollmützen, Wintermänteln usw. neben Joggern und Velofahrern in unlangen Hosen und kurzärmeliger Oberbekleidung). Kommt vielleicht noch hinzu, daß wir uns in einem Monat mit „r“ befinden, in dem besonders kalenderobrigkeitshörige Zeitgenossen per Definition Winterkleidung tragen. Da ich mich eher auf mein Gefühl verlasse als blind dem Kalender zu glauben, war ich wohl eher sommerlich gekleidet, aber nicht den ganzen Tag. Morgens auf der Fahrt zum Einkaufen mit dem Velo machte ich wegen Bodenfrost Zugeständnisse (Jacke, jedoch keine lange Hose, keine Schuhe, keine „Kopfschuhe“ (Helm), keine „Kopfsocken“ (Mütze). Auch nachmittags am Aareufer trug ich keine Sommerkleidung.
Als ich auf der Rückfahrt gegen ca. 17.30 Uhr die Zofinger Altstadt erreichte, merkte ich, daß ich nicht der einzige Mensch „mit ohne Schuhe“ war. Kurz vor dem oberen Stadteingang (ca. 200 Meter von der Zofinger Polizeistation entfernt) überholte ich eine vierköpfige Familie, die ihre drei Velos durch die Straße schob. Ja, es waren nur drei Velos (2 große, ein Kindervelo), hinter dem Velo der Mutter war ein Veloanhänger gespannt. Der kleine Sohn war gar nicht faul. Statt sich bequem (oder ist es unbequem, im Anhänger über Kopfsteinpflaster bewegt zu werden?) sich spazieren fahren zu lassen, zog er es vor, barfuß durch die Stadt zu gehen (mit Helm, dicker Jacke und langen Jeans). Ihn schien es Spaß zu machen, auch extra dort hinzutreten, wo es dreckiger war, und die Eltern hinderten ihn nicht dran. Ob er sich seiner Schuhe im Anhänger entledigt hatte oder ob er echt ohne Schuhe unterwegs war, kann ich nicht sagen. Die Schwester trug fette Turnschuhe ohne Socken und hatte ihre Jeans auf „Caprilänge“ hochgekrempelt und trug ebenfalls brav einen Helm. Ganz anders die Eltern: Die Mutter trug eine Mütze bis tief über die Ohren, dazu eine lange, löchrige Jeans und Flipflops. Der Vater war der einzige, der nirgendwo blutte Haut zeigte. Nirgendwo? Nein! Er trug keine Mütze. Oder eher jein, da er lange Haare und einen Bart hatte.
Die Reaktion des barfüßigen Knirpses hat mich doch überrascht. Auf einmal schrie er: „Mami, der Mann. Der trägt kurze Hosen. Das ist doch verboten!“ Darauf die Mutter: „Aber Papi trägt doch im Sommer beim Springen (Der Ausdruck „springen“ entspricht in der Schweiz vielfach dem Ausdruck „laufen“ nach Ennepetaler Definition, nicht nach Berliner Definition, ich persönlich bevorzuge den Ausdruck „säckeln“) auch immer kurze Hose!“ „Ja, aber…“ Mehr bekam ich nicht mit, da ich den Verkehrskreisel erreicht hatte und mich auf den Verkehr konzentrieren mußte. Was der Knirps wohl meinte? Vermutlich weil er glaubte, daß es im März noch zu kalt für kurze Hosen ist (für barfuß etwa nicht?). Ich kann mir nicht vorstellen, daß er der die irrige Meinung einiger Spießer aufgeschnappt hat, daß Männer über 30 nur außerhalb des eigenen Gartens lange Hosen tragen sollen. Und erst recht kann ich mir nicht vorstellen, daß dem Knirps die Differenzierung zwischen „kurzen“ und „unlangen“ Hosen bekannt sein dürfte.
Einen Tag später, bei ähnlich mildem und sonnigem Wetter, war ich abermals unterwegs. Wenige Minuten vor Sonnenuntergang kam ich an einem Einfamilienhaus vorbei, vor dem ein kleines barfüßiges, ansonsten jedoch eher winterlich gekleidetes Mädchen saß, die Schuhe neben sich gestellt. Der neben ihr sitzende Vater war fett beschuht. Auch wenn er selbst letzteres war, so kann man ihm immerhin zugutehalten, daß er seiner Tochter auch außerhalb der „ohne-R-Monate“ das Barfußsein nicht unterbindet, von wegen Erkältung usw. Da ich häufiger diese Straße entlangfahre, kann es durchaus sein, daß ich denen schon länger aufgefallen, auch bei deutlich tieferen Temperaturen (und immer noch lebe).
Schöne Grüße,
Michael aus Zofingen