das Thema "Barfuß in Kirche" wurde schon mehrfach in diesem und anderen Foren diskutiert. Bisher hatte ich zwar Kirchen barfuß besichtigt, aber nie an Gottesdiensten teilgenommen (wobei auch beschuhte Gottesdienste bei mir Seltenheitswert hatten in letzter Zeit).
Das war nicht immer so. Als Kind ging ich zum Kindergottesdienst, immer mit Schuhen (im Sommer Sandalen, "selbstverständlich" mit Socken). Im Winter trug ich lange Hosen, im Sommer kurze Hosen. Den Übergang von "lang" auf "kurz" und umgekehrt durfte ich nicht selber bestimmen, sondern das tat meine Mutter, und die richtete sich nach dem Wetter, sondern nach dem Kalender. Auch im ersten Jahr des Konfirmationsunterrichtes änderte sich daher nichts. Ich wurde sogar gehänselt von den Schulkameraden, weil ich kurze Haare und kurze Lederhosen trug, während sie sich "erwachsen" fühlten und auch im Hochsommer lange Hosen trugen und Haare wie die Beatles. Ich dagegen hätte sogar bei der Konfirmation lieber eine Lederhose als einen Anzug tragen. Daraus wurde nichts! Während des 2. Konfirmationsjahres trug auch ich nur noch lange Hosen, weil ich aus den kurzen Hosen herausgewachsen war. Meine Mutter, die die Klamottenlogistik in der Familie zuständig war, meinte, ich wäre zu alt für kurze Hosen, die Klassenkameraden tragen ja auch keine mehr, also gab es nur noch lange (mein Sackgeld war zu niedrig, um selber kurze Hosen zu kaufen). Wer zahlt, befiehlt! Aber für kurze Haare war ich wohl doch nicht zu alt. So wurde ich in Anzug und Krawatte mit langen Hosen, geschlossenen Schuhen und kurzen Haaren am 25.4.1971 konfirmiert.
6 Jahre später wurde mein Cousin Hartmut konfirmiert. Als der Pastor die Konfirmanden in die Kirche führte, trug Hartmut über dem Anzug eine Lederjacke, weil es ihm draußen zu kalt war. In der Kirche zog er die Jacke aus. Meine Mutter, die neben mir in der Kirche saß, wurde blaß, mein Bruder grinste, und auch ich bewunderte meinen Cousin wegen seines Mutes zur Non-Konformität. Wie ich später erfahren hatte, wurde Hartmut von seiner Mutter wegen der Lederjacke zusammengeschissen.
Würde ich 50 Jahre später auch eine Einladung zur Goldenen Konfirmation in dieses schöne Gotteshaus bekommen? Ich bekam aber keine, vermutlich weil ich nicht mehr in Deutschland Kirchensteuern bezahle. Dafür bekam ich nach 51 Jahren eine Einladung zur Goldenen Konfirmation in die ebenfalls schöne Zofinger Stadtkirche: https://de.wikipedia.org/wiki/Stadtkirche_Zofingen
Der Termin war am 30.10.2022, ich meldete mich an. Ich dachte wieder daran, das ich in der Lederhose konfirmiert werden wollte und an Hartmut mit Lederjacke. Sollte ich meine Wunsch jetzt in die Tat umsetzen oder doch lieber im Anzug kommen? Mein alter Konfirmationsanzug existierte nicht mehr, und andere Anzüge hatten keinerlei Beziehung zur Konfirmation, höchstens zu traurigeren Kirchenanlässen. Eine Lederjacke und eine Lederhose besitze ich auch nicht.
Also griff ich zu einer relativ neuen Jeans, bei der sich die Stoffmenge in Grenzen hielt. Immerhin trug ich kein T-Shirt, sondern ein hellblaues Oberhemd, auf Schuhe verzichtete ich ganz. Das Wetter war so, daß ich ohne Jacke zur Kirche radeln konnte. Von denjenigen, die mit mir in Rellingen konfirmiert wurden, war niemand in der Zofinger Kirche (wer zieht schon von Rellingen nach Zofingen), und auch sonst war mir keiner von den Goldenen Konfirmanden bekannt (bis auf einen gebürtigen Deutschen, der selber Pfarrer in Zofingen war, nun aber pensioniert). Der amtierende Pfarrer gestaltete den Gottesdienst sehr interessant und erzählte, wie es in Zofingen vor 50 Jahren aussah. Dann mußten alle Goldenen Konfirmanden nach vorne kommen und bekamen eine Rose überreicht. Ebenso sprach der Pfarrer für diejenigen, die ihn noch wußten, den jeweiligen Konfirmationsspruch, für die "Vergeßlichen" diesen:
Christus spricht: Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich bin in ihm, der bringt viel Frucht, denn ohne mich könnt ihr nichts tun. Joh 15, 5
Ich wußte meinen Konfirmationsspruch natürlich nicht mehr auswendig, aber auf meiner Konfirmationsurkunde stand er:
Wie ihr nun angenommen habt den Herrn Christus Jesus, so wandelt in ihm. Kol 2, 6
Nach dem Gottesdienst gab es noch einen Apero im Kirchgemeindehaus. Dort kam ich auch mit dem amtierenden Pfarrer ins Gespräch. Er sagte: "Rellingen, hat das nicht eine wunderhübsche Kirche?" Das konnte ich bestätigen. Er hat sogar vor etlichen Jahren mal mit seiner Frau (sie stammt aus der ehemaligen DDR) das achteckige Gotteshaus besichtigt. Ich zeigte ihm auch noch ein Buch mit der Kirche, was er sehr interessant fand.
Meine Aufmachung war nie Thema. Es waren übrigens weniger Goldene Konfirmanden mit Krawatte in der Kirche als solche in kurzen Hosen und ohne Schuhe.
Respekt für deine Geradlinigkeit in Bezug auf barfüßigen Gottesdienstbesuch! Daran sieht man, dass es unnötig ist, sich allzu große Gedanken darüber zu machen, was in der Gesellschaft annehmbar ist. Wenn ich dich richtig verstanden habe, waren auch Konfirmanden mit Schuhen da, aber alle ohne Krawatte?
Zum Anlass der goldenen Konfirmation habe ich keine Gelegenheit, barfuss in die Kirche zu gehen. Wohl aber zur goldenen Hochzeit meiner Eltern, als auch zur diamantenen. Es war in verschiedenen reformierten Kirchen, 2009 war es ein Pfarrer der meine Eltern segnete, 2019 eine Pfarrerin.
Bei beiden kirchlichen Feiern war ich barfuss in der Kirche. 2009 überlegte ich nur ganz kurz, 2019 machte ich mir gar keine Gedanken ob das jetzt eventuell unpassend wäre. War es nicht.
Bei beiden Gelegenheiten waren die Geistlichen später noch auf einen Kaffee bei uns. Barfuss? War kein Thema. Fairerweise muss ich erwähnen dass diese Gedenkfeier immer Mitte August stattfindet, die letzten beiden Feiern bei herrlichstem Sommerwetter.
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