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Hobby-Barfuß-Renaissance-Forum

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Dieses Thema hat 7 Antworten
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 Barfuß und Leben
kerstin Offline

Admina


Beiträge: 2.110
Punkte: 1.181

18.07.2009 16:37
Eine Runde durch Absurdistan Zitat · Antworten

Hallo zusammen,

gestern hatte ich einiges zu erledigen. So verließ ich das Haus, um bei der Post ein paar Briefe abzugeben. Dann stieg ich in einen der bei uns fahrenden Obusse und fuhr damit nach Obereßlingen. Mein "Nervenarzt" wartete nämlich schon - sicher grinsend und geifernd hinter dem Vorhang in seiner Praxis . Ich kam an und durfte sogleich auf seinen Stuhl Platz nehmen. Ich mußte noch ein wenig warten, während mir die Zahnarzthelferin das "Lätzchen" umhing. Dann kam er - jedoch weder grinsend, noch geifernd. Natürlich weiß ich ja nicht, was er vor meiner Ankunft machte. Muß mal wie bei "Lenßen & Partner" Miniaturcameras in seiner Praxis anbringen und ihn dann observieren . Die Behandlung war soweit nicht schlimm, dafür darf ich gleich übermorgen wieder antanzen.
Als ich dann den Folterstuhl verlassen durfte, unterhielt ich mich noch eine ganze Weile mit der Zahnarzthelferin. Sie findet es cool, daß ich immer und überall bf herumlaufe. Sie selbst meinte, daß sie es lieber im Garten auf der Wiese tut (barfußlaufen natürlich!), denn auf Gehwegen usw. wäre es ihr zu pieksig. Nach einer Weile verließ ich die Praxis und mußte zur Hauptpost in Eßlingen, um dort ein Paket abzuholen. Ein Fußmarsch von einigen Kilometern. Soweit geschah nichts ungewöhliches, außer daß mir auffiel, daß vor allem ältere Leute ganz bedröppelt auf meine Füße schauten - den Mund zu einem "O" geformt. Ich glaube, so etwas schönes hatten sie noch nie gesehen, obwohl ich glaube, daß auch sie Füße haben, diese allerdings nicht kennen, da sie diese stets in irgendwelchen Latschen verstecken. Kinder reagieren hier anders. Sie schauen einem zwar aus geringerer Höhe als die Erwachsenen auf die nackten Füße und rennen dann zu Mami und Papi: "Schau mal, die Frau da ist baaarfuuuß" - meistens schön langgezogen. So geschehen kurz vor der Post in Eßlingen am Eßlinger Bahnhof - derzeit eine Großbaustelle, da dort eine Umgehungsstraße gebaut wird - zwischen Bahnsteig 3 und Bahnhofsgebäude. So etwas habe ich noch nie gesehen. Nun ja, Stuttgart bekommt vielleicht auch etwas ganz besonderes - und völlig unsinniges und überflüssiges: einen unterirdischen Durchgangsbahnhof mit futuristischer Ausstattung. Nun denn gut...

Als ich die Post erreichte, ging ich zu einem der Schalter und bekam dann mein Päckchen. Ich verließ die Post wieder und wandte meinen bfigen Schritt richtung "REWE". Unterwegs kam mir ein jüngeres Pärchen entgegen, wobei er dann zu mir sagte: "Barfuß - cool!". Er selbst behielt seine Nikes an - mit Socken, versteht sich. So kam ich beim "REWE" an. Grünzeug für meine Viecher holen, ein wenig Obst, Tomaten, als ich plötzlich eine Frau fortgeschrittenen Alters auf mich zukommen sah, die ich schon "kannte". Sie hatte ja schon zweimal eine komische Bemerkung ob meiner BFigkeit parat - die "Frage aller Fragen" nämlich . Diesmal ließ sie einen Kommentar los, der mich wirklich in den Zustand des Staunens versetzte. Sie sagte mir doch allen Ernstes, daß ich ja noch Eiszapfen an den Füßen bekomme . Ah ja, natürlich, bei ca. 22°C - Plus(!) - passiert das schon einmal. Mannomann, sind die Fragen manchmal dämlich! Ich war zwar nicht vorbereitet, aber dennoch schoß es aus mir wie aus einer Pistole heraus: "Ah ja, freilich! Wenn ich mich beeilen muß, kann ich mit meinen Eiszapfen hervorragend Schlittfuß laufen . Nach dieser seltsamen Begebenheit begab ich mich an die Kasse und ging dann ohne weitere Vorkommnisse nach Haus. Was die wohl sagen wird, wenn sie mich im Winter im Schnee - gibt es denn welchen - herumbarfußen sieht! Eijeijeijeijei...

Dies ist nun wirklich das allererste Mal, daß man mir mitte Juli sagte, ich bekäme Eiszapfen an den Füßen. Obwohl ich laut loslachen hätte können, dachte ich auf meinem Heimweg darüber nach und kam nicht darauf, was diese Frau dazu bewegte, einer bf laufenenden Frau so etwas zu sagen - mitte Juli. Vielleicht begegne ich ihr demnächst wieder und sie hat Fellschuhe an, wenn es ihr beim Anblick meiner nackten Füßen so extrem fröstelt. Einmalig!

Viele eiszapfenlose versiffte BF-Sommergrüße,

Kerstin


Jörg 2 Offline




Beiträge: 938
Punkte: 927

18.07.2009 20:58
#2 RE: EIne Runde durch Absurdistan - Und noch eine... Zitat · Antworten

Hi,

hach, ja, köstlich. Ich war die Tage in einem Baumarkt. Vor dem Eingang brannte Sie Sonne. Drinnen wurde ich auch gefagt, ob mir nicht zu kalt sei. Ganz cool nahm ich die Frau am Ärmel, ging einen Meter mit ihr vor und sagte: "Ja, also wissen Sie, ich habe Glück gehabt, dass ich noch lebe. Schauen Sie, da draußen vor dem Eingang, da ist eben auch so einer wie ich in der brütenden Sonne erfroren..."

Dann sah ich ihr ins Gesicht, sie wirkte verwirrt. Im Comic hätte man das jetzt mit spiralförmigen Pupillen dargestellt.
Dann ist sie weiter gedackelt.

J.


Jay Offline




Beiträge: 788
Punkte: 695

20.07.2009 03:00
#3 Regionale Eigenheiten Zitat · Antworten

Hi Kerstin, hi Jörg,

derlei Extreme (auch früher wurde schon aus Eßlingen berichtet, daß sogar bei >30° & Prallsonnenschein diese [Viel zu kalt]-Passantenbesorgnis geäußert wurde) scheinen offenbar städtische bis regionale Eigenheiten bei euch zu sein.

Zieht man die natürlich absolut glaubwürdigen Berichte über die Auftrittsquote dieser 'häufigsten' aller Fragen bis Entsetzt/Um Gesundheit besorgt-Kommentare aus dem alten HBF heran, scheine ich in einer Gegend zu leben, in der sie umgekehrt ausgesprochen selten auftritt.
Tatsächlich wurde sie mir das letzte Mal vor ziemlich genau 1 Jahr gestellt, auch 2008 war´s um die Mitte Juli 'rum ausgesprochen kalt & verregnet. Eines Morgens hatte ich offenbar den täglichen Blick auf´s Schlafzimmer-Outsidethermometer nach dem Aufwachen unterlassen & hatte nur ein T-Shirt an¹. Nach dem Frühstück in meinem Stammcafe´ & Einkauf für´s WE bugsierte ich alle möglichen Waren auf den Armen², manche Leute scheinen regelmäßig mehr über meine Meisterschaft in solchen Balancekunststücken als über das nebenher noch vorhandene BF zu staunen.

In der Tiefgarage angekommen & zum Auto gehend, merkte mir aber dennoch ein Passant an, daß mich fror wie die wilde Sau (es könnte an diesem Tag < 10° gehabt haben). Insgesamt kam es mir so vor, wie wenn er das stärker auf meine nackten Füße als auf mein dünnes Shirt zurückführte. "Ganz schön kalt, wie?"
"Stimmt, im Januar war´s wärmer³" gab ich zurück. Ich war an meinem 4rad angekommen, stieg ein & ließ ihn grübeln, ob ich auch im Januar BF sei...

Tatsächlich ist mir sommers die [Ist denn das nicht zu kalt]-Frage noch nie (in "meiner" Gegend gilt offenbar die Regel, daß´s vor allem im Sommer BF-Trouble wg. "Kein Anstand, kein Benimm" gibt), in anderen Jahreszeiten selten gestellt worden. Sieht man von dem Extrem-Eklat im Freisinger Dom (gemeinsam mit Michael aus Zofingen) ab, gab es bisher im abgelaufenen Jahr bei mir noch kein einziges besonderes BF-Vorkommnis mit Special Comments oder auch nichtverbalen "Publikums"reaktionen.

Bemerkenswert ist aber, daß die Leute Kommentierungen in der entgegengesetzten Richtung unterließen, selbst wenn offenkundig wurde, daß es zu heiß wurde. Schon oft genug haben mich Passanten an roten Fußgängerampeln bei der Unmöglichkeit der Straßenüberquerung nicht wartend stehen, sondern von einen Fuß auf den anderen steigen oder ein wenig "tänzeln" sehen - noch nie hat sich jemand darüber mockiert, daß ich nicht in stoischer Ruhe "über" einem
Straßenpflater stand, welches bei praller Hochsommermittagssonne evtl. bis zu 80° erreichen kann.

Warum kommt das Pubilikum selbst bei 35° & mehr auf solche 'fröstelnden' Assoziationen? Scheinbar scheint jedes andere, vom feuchtheißen Erlebnis in Schwitzwickeltüchern (Socks) und Thermoskannen (Schuhen, ließ man sie winters draußen stehen, bleiben sie dann ebenfalls lange kalt) abweichende Feeling schon beim Gedanken daran zu irritieren... speziell für unsereins kann das nur eine Vermutung sein, da ja die Erinnerungen an [Sommer + Schuhe] seit Jahr10ten abhanden gekommen sind...

Grüße von Jay speziell an alle, die nicht zur [Ich mag´s an den Füßen nur heiß, feucht & stinkig]-Fraktion der Gesellschaft gehören...
------------
¹ Selektives Frieren an den Füßen kenne ich kaum; wenn mich friert, dann regelrecht 0/1, digital, am ganzen Leib, vor allem am Oberkörper, oft schlagartig & heftig (eine Eigenart von mir).

² Irgendeine Aversion gegen Einkaufswägen besteht bei mir, ich mag die Dinger nicht, kann aber nicht begründen, warum. Faulheit, das Ding zu nehmen & wieder zurückzustellen ist nicht der einzige Grund.

³ Wie der Winter 06/07 war auch 07/08 extrem mild & fast Weiße Scheiße-frei.


Jörg 2 Offline




Beiträge: 938
Punkte: 927

20.07.2009 23:01
#4 RE: Regionale Eigenheiten Zitat · Antworten

Hm,
das Ganze scheint wohl an den Durchschnittstemperaturen der Region etwas orientiert zu sein. Vielleicht sind es auch einfach nur hilflose Versuche der Leute, irgendwie die nackten Füße zu thematisieren oder ihre Gedanken und Gefühle dazu auszudrücken. Hier ist es der Vorteil urbaner Städte, in denen einfach viele verschiedene Menschen verkehren. Da hat man sich an Vielfältigkeit gewöhnt und nimmt es so, wie es kommt.

Auf Dörfern wird dagegen wohl jedes Detail registriert, und dann gibt es natürlich noch die Gerüchteküche und nicht selten soziale Ausgrenzung derer, die einfach einen anderen Lebensentwurf als die anderen haben...

Gruss
J.


Zausel Offline




Beiträge: 249
Punkte: 235

21.07.2009 06:19
#5 RE: Regionale Eigenheiten Zitat · Antworten

Zitat von Jörg 2
Hier ist es der Vorteil urbaner Städte, in denen ...

Ich hab' lange überlegt, ob ich...
Aber ich kann es mir einfach nicht verkneifen: Was sind denn "urbane Städte"?

Aber zum Thema:

Zitat von Jörg 2
Auf Dörfern wird dagegen wohl jedes Detail registriert, und dann gibt es natürlich noch die Gerüchteküche und nicht selten soziale Ausgrenzung derer, die einfach einen anderen Lebensentwurf als die anderen haben...

Das muß nicht sein.
Sicher, ich kenne (auch größere) Orte z.B. in der Oberpfalz, in denen du schon sozial desavouiert wirst, nur weil du am Sonnatg das falsche Taschentuch gezückt hast.

Hier bei uns hingegen - und das ist hier kein besonders "fortschrittliches" - Dorf finden meine Frau und ich trotz unserer völlig anderen Lebensweise durchaus große Anerkennung, und man begegnet uns freundlich und entgegenkommend.
Einen einzigen Nachbarn haben wir (den muß es wohl immer geben), der hier den Blockwart spielt, der am liebsten noch den Verkehr auf der Kreuzung regeln will und sich gern zum Sprecher der Straßengemeinschaft aufspielen möchte: Der hat letztes Jahr versucht, eine große Unterschriftenaktion gegen uns ins Leben zu rufen, u.a. mit dem Vorwand, die kleinen Kinder in der Nachbarschaft vor dem "schädlichen Einfluß" (!) des Anblicks unbekleideter Menschen im Garten schützen und bewahren zu wollen. Keine Eltern hatten ihn darum gebeten, und aus der Nachbarschaft hat kein einziger unterschrieben. Ihm schlug allgemeines Unverständnis entgegen.

Ich kann mir nicht vorstellen, daß konsequentes Barfußlaufen, hinter dem ich mit einer gewissen Selbstverständlichkeit stehe, zu einer gesellschaftlichen Ausgrenzung führt.
Was natürlich "tödlich" ist: Wenn ich ständig rumschleiche, als ob ich etwas verbotenes tue, wenn ich mir ständig selbst über die Schulter gucke, ob und wie die anderen reagieren: Dann merken die das unweigerlich, und dann reagieren die auch entsprechend.

Grüße

Der Zausel

Die Dummen haben das Pulver nicht erfunden, aber sie schießen damit.


Jay Offline




Beiträge: 788
Punkte: 695

21.07.2009 06:44
#6 RE: Regionale Eigenheiten Zitat · Antworten

Zitat von Jörg 2
Hm,
das Ganze scheint wohl an den Durchschnittstemperaturen der Region etwas orientiert zu sein. Vielleicht sind es auch einfach nur hilflose Versuche der Leute, irgendwie die nackten Füße zu thematisieren oder ihre Gedanken und Gefühle dazu auszudrücken.

Hi Jörg, hi Zausel,
sicher ist das so, & es kommt noch eine andere Komponente bei dem [BF? Das sollte man doch aber eigentlich lieber nicht tun, weil z. B. zu kalt...] hinzu: Versteckter Neid, daß man sich etwas genehmigen kann, mit dem man dann (im Idealfall als integraler, harmonisch zur Gesamtpersonality & 'Charisma' passender Bestandteil) gut daherkommt - etwas, was sich die 'kritischen Bedenkenträger' aus irgendwelchen Gründen sich versagen wollen oder "sich sogar gehalten sehen, dies tun zu müssen".

Die These von der versteckten & sorgfältig niemals zur Schau gestellten Psychodimension "Neid" wurde im alten HBF einmal von dem hochgeschätzten User namens Barpfotenbär sowie von mir eingehend entwickelt & vertieft. Hinter u. U. massiver, ärgerlicher BF-Kritik stecken möglicherweise öfter als man glaubt, als Gründe, sich selbst BF versagen & dies bei anderen 'rügen' zu "müssen":

* Physische Unzulänglichkeiten [einen im gleichen Stadtviertel nicht allzuweit entfernt wohnenden recht lautstarken BF-Gegner (männlich, damals ca. 65) sah ich später zufallshalber tatsächlich mal recht 'diskret' auf der Gartenterasse seiner Privacy tatsächlich BF sitzen, seine grün-schwarzbraunen Onychogriposis/Pilznägel boten einen Anblick unglaublicher Widerwärtigkeit;

oder auch

* Zwänge sozialer Rollenspiele: Für meinen 14/15 jährigen Neffen ist BF auch in der Privacy völlig "undenkbar" / "absolut indiskutabel" - da müssen auf jeden Fall Socks & Sneakers einer Edelmarke an die Füße, weil´s die Gleichaltrigen (inmitten der Pubertät Steckenden) genauso machen - wie "stünde" man sonst vor ihnen da... !

Mehr braucht nicht gesagt zu werden.

Zitat von Jörg 2
Hier ist es der Vorteil urbaner Städte, in denen einfach viele verschiedene Menschen verkehren. Da hat man sich an Vielfältigkeit gewöhnt und nimmt es so, wie es kommt.

Ja. In Städten ist eben sehr viel mehr bis evtl. fast alles möglich; man rechnet damit. Dennoch gibt es auch die sozusagen optimalen "Town Sizes"; man hat z. B. bei Engel (Althengstett) oder Descalzar (Nordenham) immer wieder gestaunt, wie sehr positiv diese als die "bunten" Hunde für ihr BF stadtbekannt sind. Das hatte ich einst auch "zur Verfügung"; ab ca. 30 000 ... 40 000 Einwohner kehrt dann die Anonymität ein; dieses Stadium wurde bei mir in den frühen 1980er erreicht (kam aber auch hinzu, daß ich mich nach der Zu-Tode-Verkehrsberuhigung der Innenstadt nicht mehr am Nachtleben beteiligte).

Zitat von Jörg 2
Auf Dörfern wird dagegen wohl jedes Detail registriert, und dann gibt es natürlich noch die Gerüchteküche und nicht selten soziale Ausgrenzung derer, die einfach einen anderen Lebensentwurf als die anderen haben...

Man sollte eigentlich erwarten, in diesem Fall sofort bleibendes Dorfgespräch zu werden. Dennoch sei hier daran erinnert, daß ich einst Lorenz´ Thesen, daß speziell in oberbayerischen Dörfern BF eine völlig selbstverständliche, nonchalante Sache sei, über die kein Wort verloren werde, einst im alten HBF mit sehr ungläubigem Staunen las (zumal man ja die ländlich-rustikalen Bayern als erzreaktionär, katholizistisch & ultrakonservativ kennt).

Lorenz hatte recht. Leo, Markus U. & ich haben das einmal ausprobiert, als wir am höchsten Feiertag des Jahres (Fronleichnam), an dem sich der gesamte Ort (in diesem Fall Bayrischzell) herausputzt & auch jedes menschliche Wesen sein Bestes aus dem Kleiderschrank hervorholt, an dem feierlichen Prozessionsumzug teilnahmen. Niemand kümmerte sich um unser Outfit samt BF. Nur eine "zugroaste" Frau mittleren Alters - eben nicht von dort, evtl. Touristin - zischelte Leo nach der kirchlichen Meßfeier in erkennbar pikiert-gereizter Art an: "Barfuß, ts ts ts..."

Auch im führenden örtlichen gastronomischen Etablissement wurden wir bestens bedient. 2 Jahre später kehrten wir dann mit Siegfried Hase nochmals dort ein & machten die gleichen Erfahrungen (erstklassiges Essen, perfekte Bedienung & gute Gespräche) wieder.

Könnte natürlich sein, daß das in anderen bundesrepublikanischen Dörfern anders gelagert ist & man dann (Descalzar umschrieb einmal seine Erfahrungen als BFiger BWL-Student so) zum weißen Elefanten wird...

Zitat von Zausel
Einen einzigen Nachbarn haben wir (den muß es wohl immer geben), der hier den Blockwart spielt, der am liebsten noch den Verkehr auf der Kreuzung regeln will und sich gern zum Sprecher der Straßengemeinschaft aufspielen möchte: Der hat letztes Jahr versucht, eine große Unterschriftenaktion gegen uns ins Leben zu rufen, u.a. mit dem Vorwand, die kleinen Kinder in der Nachbarschaft vor dem "schädlichen Einfluß" (!) des Anblicks unbekleideter Menschen im Garten schützen und bewahren zu wollen. Keine Eltern hatten ihn darum gebeten, und aus der Nachbarschaft hat kein einziger unterschrieben. Ihm schlug allgemeines Unverständnis entgegen.

Ein sehr typsiches Psycho-Profil des typsichen BF-Gegners, der sich "gehalten sieht", solche (eben BFige) Leute im Bemühen um größtmögliche Publikumswirksamkeit "zur Ordnung zu rufen".
Zitat von Zausel
Ich kann mir nicht vorstellen, daß konsequentes Barfußlaufen, hinter dem ich mit einer gewissen Selbstverständlichkeit stehe, zu einer gesellschaftlichen Ausgrenzung führt.
Was natürlich "tödlich" ist: Wenn ich ständig rumschleiche, als ob ich etwas verbotenes tue, wenn ich mir ständig selbst über die Schulter gucke, ob und wie die anderen reagieren: Dann merken die das unweigerlich, und dann reagieren die auch entsprechend.

Dies ist in der Tat der größte & schwerwiegendste Fehler, den man als BF in der Öffentlichkeit überhaupt machen kann, man tut gut daran, Newcomer immer & immer wieder daran zu erinnern, schlimmstenfalls bei ganz Ultraschüchternen: Tue so, als hättest du Schuhe an & gar nicht bemerkt, daß du - natürlich völlig "versehentlich", hihi - in Wirklichkeit keine anhast...

Nun denn. (Copyright der Grußformel by Lorenz, ihm zu Ehren als Motto für den heutigen wundervollen Sommertag) Mach´s gut & unbeschuht, Jay (man trifft sich & genießt den barfüßigen Lebensspaß auf Biergartenpfaden... nein, falsch, aber so ähnlich hieß der Slogan für die nouvelle art du vivre jedenfalls)


Markus U. Offline




Beiträge: 1.958
Punkte: 794

21.07.2009 10:39
#7 RE: Regionale Eigenheiten Zitat · Antworten

Zitat von Jay
Zitat von Jörg 2
Hm,
das Ganze scheint wohl an den Durchschnittstemperaturen der Region etwas orientiert zu sein. Vielleicht sind es auch einfach nur hilflose Versuche der Leute, irgendwie die nackten Füße zu thematisieren oder ihre Gedanken und Gefühle dazu auszudrücken.

Hi Jörg, hi Zausel,
sicher ist das so, & es kommt noch eine andere Komponente bei dem [BF? Das sollte man doch aber eigentlich lieber nicht tun, weil z. B. zu kalt...] hinzu: Versteckter Neid, daß man sich etwas genehmigen kann, mit dem man dann (im Idealfall als integraler, harmonisch zur Gesamtpersonality & \'Charisma\' passender Bestandteil) gut daherkommt - etwas, was sich die \'kritischen Bedenkenträger\' aus irgendwelchen Gründen sich versagen wollen oder "sich sogar gehalten sehen, dies tun zu müssen".


Hi Jörg, hi Jay,

ich schließe mich Euren Thesen an. Was den "verkappten Neid" betrifft, so scheint hier auch ein allgemeingültiger Mechanismus sozialer Kontrolle vorzuliegen: "Wo kommen wir denn hin, wenn jeder macht, was ihm gefällt?" Das ist bekanntlich nicht nur hinsichtlich barfuß der Fall, sondern auch bezüglich langer Haare von Männern, bunter Klamotten und vielem mehr. Der konventionell- spießige Mensch hat eine Riesenangst, daß die Welt aus dem Ruder laufen könnte, wenn unkonventionelle Lebensstile sich ausbreiten, und daß er ob seiner ohnehin durch die Unübersichtlichkeiten des Lebens instabil gewordenen Weltsicht vollends den Überblick verliert.

Welche Komponente nun vorliegt, ergibt sich aus der Art der Ansprache. Die berühmten Fragen "Ist das nicht kalt, tut das nicht weh" sind hilflose Versuche, mit einem interessant erscheinenden Menschen ins Gespräch zu kommen, zumal diese Fragen nicht nur von Spießern, sondern auch von anderen Schuhträgern wie beispielsweise Punks gestellt werden. Verkappter Neid äußert sich dagegen in dummen Bemerkungen oder Pöbeleien wegen Barfüßigkeit.

Ich habe aber auch die Erfahrung gemacht, daß Barfüßer, die sich nicht kennen, noch weniger miteinander ins Gespräch kommen als Schuhträger. Alle meine Barfußbekanntschaften sind durch dieses Forum zustande gekommen, und auch Du, Jay, hast mir ja bestätigt, daß wir, wenn sich unsere Wege zufällig in München oder so gekreuzt hätten, wortlos aneinander vorübergegangen wären. Ich wüßte auch gar nicht, wie ich eine andere barfüßige Person ansprechen sollte. Eine Ansprache in der Art "Ey, Du bist ja auch barfuß" käme mir allzu plump vor und würde vermutlich einen negativen Preis erzielen. Wildfremde Menschen einfach so auf der Straße anzusprechen, ist in Deutschland nun mal nicht üblich.

Zitat von Jay
* Zwänge sozialer Rollenspiele: Für meinen 14/15 jährigen Neffen ist BF auch in der Privacy völlig "undenkbar" / "absolut indiskutabel" - da müssen auf jeden Fall Socks & Sneakers einer Edelmarke an die Füße, weil´s die Gleichaltrigen (inmitten der Pubertät Steckenden) genauso machen - wie "stünde" man sonst vor ihnen da...


Wie reagiert Dein Neffe denn auf seinen barfüßigen Onkel?

Zitat von Jay
Zitat von Jörg 2
Auf Dörfern wird dagegen wohl jedes Detail registriert, und dann gibt es natürlich noch die Gerüchteküche und nicht selten soziale Ausgrenzung derer, die einfach einen anderen Lebensentwurf als die anderen haben...

Man sollte eigentlich erwarten, in diesem Fall sofort bleibendes Dorfgespräch zu werden. Dennoch sei hier daran erinnert, daß ich einst Lorenz´ Thesen, daß speziell in oberbayerischen Dörfern BF eine völlig selbstverständliche, nonchalante Sache sei, über die kein Wort verloren werde, einst im alten HBF mit sehr ungläubigem Staunen las (zumal man ja die ländlich-rustikalen Bayern als erzreaktionär, katholizistisch & ultrakonservativ kennt).

Lorenz hatte recht. Leo, Markus U. & ich haben das einmal ausprobiert, als wir am höchsten Feiertag des Jahres (Fronleichnam), an dem sich der gesamte Ort (in diesem Fall Bayrischzell) herausputzt & auch jedes menschliche Wesen sein Bestes aus dem Kleiderschrank hervorholt, an dem feierlichen Prozessionsumzug teilnahmen. Niemand kümmerte sich um unser Outfit samt BF. Nur eine "zugroaste" Frau mittleren Alters - eben nicht von dort, evtl. Touristin - zischelte Leo nach der kirchlichen Meßfeier in erkennbar pikiert-gereizter Art an: "Barfuß, ts ts ts..."

Auch im führenden örtlichen gastronomischen Etablissement wurden wir bestens bedient. 2 Jahre später kehrten wir dann mit Siegfried Hase nochmals dort ein & machten die gleichen Erfahrungen (erstklassiges Essen, perfekte Bedienung & gute Gespräche) wieder.

Könnte natürlich sein, daß das in anderen bundesrepublikanischen Dörfern anders gelagert ist & man dann (Descalzar umschrieb einmal seine Erfahrungen als BFiger BWL-Student so) zum weißen Elefanten wird...


Ich vermute auch, daß hier erhebliche regionale Unterschiede bestehen, Sowohl Lorenz als auch Leo berichteten stets übereinstimmend, daß barfüßige Kinder und Jugendliche in Oberbayern zum sommerlichen Straßenbild gehören. Die barfußfreundlichste Gegend Deutschlands ist ohne jeden Zweifel der Großraum Stuttgart, und Descalzar dürfte von seiner Lage an der Küste profitieren. In anderen Gegenden ist es schwieriger, aber dadurch, daß seit einigen Jahren Flipflops weitverbreitet sind, besteht die Hoffnung, daß die Bevölkerung sich allmählich an den Anblick nackter Zehen gewöhnt.

Zitat von Jay
Zitat von Zausel
Ich kann mir nicht vorstellen, daß konsequentes Barfußlaufen, hinter dem ich mit einer gewissen Selbstverständlichkeit stehe, zu einer gesellschaftlichen Ausgrenzung führt.
Was natürlich "tödlich" ist: Wenn ich ständig rumschleiche, als ob ich etwas verbotenes tue, wenn ich mir ständig selbst über die Schulter gucke, ob und wie die anderen reagieren: Dann merken die das unweigerlich, und dann reagieren die auch entsprechend.

Dies ist in der Tat der größte & schwerwiegendste Fehler, den man als BF in der Öffentlichkeit überhaupt machen kann, man tut gut daran, Newcomer immer & immer wieder daran zu erinnern, schlimmstenfalls bei ganz Ultraschüchternen: Tue so, als hättest du Schuhe an & gar nicht bemerkt, daß du - natürlich völlig "versehentlich", hihi - in Wirklichkeit keine anhast...


Genauso verhält es sich. Und wenn man selber etwas von einer anderen Person will oder braucht, dann blikke man nicht verschämt auf den Boden, sondern schaue der Person fest in die Augen. Meist spielt dann die Barfüßigkeit überhaupt keine Rolle. Aber inzwischen merke ich selber kaum mehr, daß ich barfuß bin, und als kürzlich eine Frau in der Straßenbahn bemerkte "Oh, Sie sind ja barfuß", schaute ich nur kurz auf meine Füße und antwortete trokken "Ja, Sie haben recht".

Barfüßige Sommergrüße,
Markus U.


Zausel Offline




Beiträge: 249
Punkte: 235

21.07.2009 11:40
#8 RE: Regionale Eigenheiten Zitat · Antworten

Reden, reden, reden, reden....

Das ist (neben, wie oben erwähnt, einem völlig unbeschwerten und selbstverständlichen Auftreten) mein "Patentrezept.

Man darf nicht vergessen: Wir Barfüßigen sind immer noch höchst selten. Und wir sind evident "anders".
Das heißt, wir bringen zwangläufig andere Menschen in für sie höchst ungewohnte Situationen, mit denen sie noch nie zu tun hatten. So etwas erzeugt IMMER Unsicherheit bis hin zu einer gewissen Angst. Die Menschen wissen einfach nicht, wie sie sich uns gegenüber verhalten sollen.
Das geht JEDEM Menschen so - auch uns. Wenn wir ein uns unbekanntes Lokal betreten, dann achten wir auch auf jede Kleinigkeit, und wir versuchen, uns möglichst unauffällig zu benehmen und nicht zu blamieren. Schon die Frage, wo das Klo ist, kann zum Problem werden. Bei dem einen mehr als bei dem anderen.

Ähnlich geht es unseren Mitmenschen.
Wie froh sind die, wenn sie dann mit uns in ein (noch so kurzes) Gespräch kommen können. Und da ist es dann noch tausendmal besser, über irgend ein beliebiges Thema zu reden als über unsere eigene Barfüßigkeit - so verlockend das für viele sein mag.
Es geht eben NICHT um die Barfüßigkeit, sondern es geht darum, daß die "anderen" merken, daß wir eigentlich völlig normale Menschen sind - nur eben ohne Schuhe. Wenn sie das Gespräch auf meine nackten Füße bringen: Gut. Ich von mir aus tue das nie.
Dankbar ist das Gespräch über Kinder: Die krähen ja oft los, und ich halte dann an und rede mit ihnen. Die Eltern tauen sofort auf, und schon ist das Eis gebrochen. Oft haben nach so einem Gespräch die Eltern anschließend das Problem, daß ihre Kinder auch die Schuhe ausziehen wollen...

In verschärfter Form erleben meine Frau und ich das beim Nacktwandern:
Da finden sich die Menschen, denen wir begegnen, ja in einer völlig unerwarteteten Situation wieder, mit der die meisten ÜBERHAUPT nichts anfangen können. Wie oben gesagt: Das bringt Unsicherheit, und es erzeugt sogar Angst: "Ja, was nun? Wie reagiere ich?" Und dann schauen die Menschen oft nur betreten nach unten.
Wir lösen eben diese Situation ganz einfach auf, indem wir den Entgegenkommenden schon von weitem einen fröhlichen Gruß entgegenrufen. Und schon haben wir einen Kontakt, umd man sieht förmlich ein Leuchten über die Gesichter gehen: "Uff - mit denen kann man ja kommunizieren!"
Und dann: Reden. Übers Wetter. Mit Hundebesitzern über ihre Hunde. Mit den Leuten vom Modellflugplatz über ihren tollen Rasen. Mit dem Bauern über die Ernte oder die schöne Landschaft. Usw. usw.
Wir stellen dabei immer wieder fest: So gut wie niemand hat ein Problem mit einem nackten Menschen. Es ist nur die Unsicherheit, die die Leute erschreckt und ob ihrer Hilflosigkeit auch böse macht: Menschen, mit denn wir nicht reden, meinen: "Das dürfen die doch gar nicht. Ja, wo gibt's denn sowas!"
Menschen, mit denen wir reden, kommen gar nicht erst auf einen solchen Gedanken. Und dann hören wir oft: "Ich würde das ja auch gern, aber ich würde es mich nie trauen!"
Und schließlich: "Mir ist das ja recht - aber was sagen denn die anderen?"

Dasselbe.

Grüße

Der Zausel

Die Dummen haben das Pulver nicht erfunden, aber sie schießen damit.


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