In Veranlassung eines Einzelfalles ist darauf hingewiesen worden, zu gestatten, daß die Kinder barfuß zur Schule kommen, da nach Ansicht der Schulaufsichtsbehörde es den Eltern wegen der gesteigerten Preise nicht immer leicht fallen wird, ihre Kinder mit dem notwendigen Schuhwerk zu versorgen.
Ich denke das traf damals nicht auf alle Schulen zu. Bei Internaten, Gymnasien und anderen "höheren" Schulen (in denen meist eh ne Uniformpflicht bestand) war das sicher so. Aber in der "normalen" Schule dürfte das garnicht durchführbar gewesen sein. Vor allem deshalb da in Deutschland ja erst 1919 mit der Weimarer Verfassung die allgemeine Schulpflicht eingeführt wurde. Klar gab es eine Schulpflicht auch schon lange vorher, diese konnte aber vom Staat garnicht durchgeführt werden da es da noch keine behördlichen Stellen gab die diese durchsetzen und kontrollieren konnten. Ich weiß von meinem Vater (Baujahr 1930) das in seiner Schule auch zu Friedenszeiten die meisten Kinder in den wärmeren Jahreszeiten (März-September) BF anwesend waren. Schuhe waren da immer Mangelware und wurden nur zu besonderen Anlässen (Kirche, Feste, etc) getragen, oder eben wenn es die Witterung verlangte. In manchen Familien gab es nicht mal für alle Kinder Schuhe. So musste z.B. ein Schulfreund meines Dads in der kälteren Jahreszeit jeden 2ten Tag zuhause bleiben weil er sich sein Paar Schuhe mit seiner Schwester teilen musste die dann auch nur jeden zweiten Tag zur Schule konnte.
Gruß Engel
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ob in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine Schuhpflicht an deutschen Schulen bestand, war damals sicher nicht einheitlich geregelt, wahrscheinlich nicht einmal in Preußen, geschweige denn im ganzen Deutschen Reiche (der Förderalismus ist nun mal ein uraltes Grund- und Erzübel in der deutschen Geschichte); gewiß gab es auch einen Unterschied zwischen Stadt und Land, möglicherweise auch einen zwischen großen und kleinen Städten. Eine Schulpflicht in der heute bestehenden Form gibt es erst seit 1933; sie wurde von den Nationalsozialisten eingeführt, um alle Schüler ideologisch zu erfassen; vorher konnte Unterricht auch zu Hause, etwa von Haus- und Privatlehrern erteilt werden; die daheim unterrichteten Schüler brauchten sich nur zu den obligatorischen Prüfungen am Ende des Schuljahres an den Schulen einzufinden.
Was die Schüler davon hielten, barfuß zur Schule zu gehen, weiß ich nicht; sicher war es objektiv besser für sie, denn zum einen ist Barfußlaufen die angenehmste, beste und natürlichste Art der Fortbewegung, und zum anderen sehen die damals üblichen Schuhe in ihrer fetten und klobigen Art megascheußlich aus. Zudem wurden Schuhe in früheren Zeiten oft von älteren an die jüngeren Geschwister "weitergereicht", so daß beispielsweise meine Oma (1908 - 1996) als jüngstes von fünf Kindern die Schuhe ihrer Schwestern, die ihr eigentlich zu klein waren, tragen mußte, weswegen sie den größten Teil ihres Lebens an Hallux valgus litt.
Obwohl aus unserer Sicht eine barfüßig verbrachte Kindheit auf dem Lande paradiesisch erscheint, bin ich froh, damals nicht gelebt zu haben, denn zum einen herrschte während des Ersten Weltkrieges infolge der englischen Seeblokkade in Deutschland eine Hungersnot, und zweitens lagen zwischen dem Ende des Ersten und dem Beginne des Zweiten Weltkrieges weniger als 21 Jahre.
Also im grunde auch nicht anders als heute: Es gibt keine landesweiten regelungen, die ausarbeitung der hausordnungen bleibt jeder schule selbst überlassen (wobei das in den schulen, die ich kenne, ein immer schon dagewesenes und nicht zur diskussion stehendes dokument ist, bei dem auch niemand fragte, wer das ursprünglich mal geschrieben hat - ich weiß nicht, ob es schulen gibt, die es den beteiligten, also lehrern und schülern, ggf. noch eltern, erlaubt, auf die gestaltung der schulordnung einfluss zu nehmen, als konkreten ausdruck gelebter demokratie?)
Die meisten schulen haben keine explizite kleiderordnung. Womöglich aber gummiparagraphen mit "ermessensspielraum", die es lehrern bzw. schulleitung ermöglichen, nach gutdünken barfußteilnahme zu verbieten.
Und was die wahl der epoche betrifft (die uns eh nicht zusteht, außer auf der modelleisenbahn): Da mir die moderne medizin bereits mehrfach das leben gerettet hat, wäre ich in früheren epochen schon entsprechend oft gestorben; ich lebe sehr gerne im 21. jahrhundert trotz aller problemchen, die wir hier so haben mögen (und die gegen jene in vielen anderen weltgegenden unbedeutend sind).
Aber was hält uns eigentlich davon ab, unseren kindern eine "barfüßig verbrachte Kindheit auf dem Lande" zu schenken? Es gibt kein gesetz dagegen (schlimmstenfalls müsste neugierigen amtspersonen gezeigt werden, dass es den kindern wunderbar geht). Und die müssen nicht mal mehr zur ernte von der schule freigestellt werden. Der krieg mit all seinen folgen ist weit weg - tun wir alle das beste, dass es so bleibt!
Zitat von tiptoe im Beitrag #4Die meisten schulen haben keine explizite kleiderordnung. Womöglich aber gummiparagraphen mit "ermessensspielraum", die es lehrern bzw. schulleitung ermöglichen, nach gutdünken barfußteilnahme zu verbieten.
Naja, diesen "Ermessensspielraum" nutzen ja einige Schulen gerade wieder aus. Die Medien berichten vermehrt davon das an einigen Schulen das Tragen von kurzen Röcken, Hot-Pants, bauchfreien und/oder ärmellosen T-Shirts untersagt wurde. Bei Zuwiderhandlung sollen die Schüler/innen mit einer Zwangseinkleidung mittels XL oder gar XXL Shirts gemaßregelt werden. Einige Schulen argumentieren damit das die moralische Integrität gewahrt werden soll, Andere sogar damit dass die in der Nachbarschaft untergebrachten Flüchtlinge / Asylbewerber nicht provoziert werden sollen. Anstatt mal mit den Schülern und ggf. auch den Flüchtlingen über Moral und Sitte bei uns zu reden werden einfach Sanktionen verordnet. So denkt man die Probleme aus der Welt schaffen zu können ohne groß den Arsch bewegen zu müssen.
Gruß Engel
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Ein weites feld. Werte wie respekt, toleranz und das spannungsfeld zwischen individueller freiheit und bestmöglichem gesellschaftlichem zusammenleben sollten einerseits vom elternhaus vermittelt werden, andererseits wäre ein ethikunterricht für alle dringend angebracht, der das in einer weise vermittelt, die die schüler auch unmittelbar anspricht und nicht nur den eindruck vermittelt, es wolle ihnen jemand vorschreiben, wie sie sich zu benehmen hätten.
Ich kann mich erinnern, dass die hausordnung meiner schule die genannten werte erwähnte, aber es wurde nie diskutiert, was sie wirklich bedeuten und wie sie im konkreten zusammenleben umzusetzen sind. So blieben sie hohle worte und haben fälle von mobbing nicht verhindern können. Wer dann doch mal barfuß kam oder sich sonstwie von der masse abgesetzt hat, wurde vor versammelter klasse von den lehrern mit abschätzigen bemerkungen lächerlich gemacht ... auch so werden wir von klein auf zur anpassung konditioniert.
Vor 100 jahren war die erziehung autoritär, lehrern und schulleitung musste ohne nachfrage und diskussion gehorcht werden. Heute versuchen wir, eigene urteilskraft zu vermitteln, aber unproblematisch ist das auch nicht. Obwohl die fähigkeit, ohne druck übergeordneter stellen moralisch richtige entscheidungen treffen zu können, für das leben unglaublich wichtig ist.
Aber zurück zum thema, noch eine hundertjährige pressenotiz, diesmal ist ein kind in eine glasscherbe getreten und musste nach hause getragen werden. Der rat ist eigentlich sehr vernünftig, eltern sollten ihre kinder auf gefahren aufmerksam machen, sie aber nicht aus angst in schuhe zwingen (was wohl, siehe anderer artikel, in jener schweren zeit auch gar nicht so einfach gewesen wäre). https://archivewk1.hypotheses.org/13238
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