Hobby-Barfuß-Renaissance-Forumein kleines demokratisches Forum für Leute, die gerne barfuß laufen
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Freitagmorgen in unserer Straße
in Barfuß und Leben 09.09.2019 18:12von Lebenskünstler • Admin | 1.336 Beiträge | 878 Punkte
Gerade war ich dabei, mit dem Handkarren die leeren Getränkekästen die sich in den letzten Wochen angesammelt hatten, aus der Garage zu Leos Auto zu transportieren, das einige Häuser entfernt geparkt war. Bereits von weitem sah ich eine Frau, auf den ersten Blick etwa in meinem Alter, den Bürgersteig entlangkommen. Da unser Gehsteig relativ schmal ist, wollte ich sie erst vorbeilassen und wartete. Sie schien es eilig zu haben. Weit gefehlt! Am Garagentor bei mir blieb sie stehen, und sprach mich an. So was kommt in Gerbstedt öfters vor, die Menschen hier sind freundlich, aufgeschlossen und vor allem gesellig, zumindest die meisten.
Zunächst tat sie so als sei es ihr peinlich: "jetzt muss ich doch einmal fragen… Sie laufen doch immer barfuß, hat mir meine Tochter gesagt. Da müssen Sie doch schon eine ganz dicke Hornhaut haben". Ich lachte, hob den rechten Fuß und meinte dabei "geht so…" Danach sprudelte es richtig aus ihr heraus. Sie sei früher auch immer barfuß gelaufen, als Kind. "Aber heute… sieht man überhaupt keine Kinder mehr draußen spielen." Ob ich denn überhaupt Schuhe habe… natürlich hab ich welche, hab ihr auch gesagt dass ich bei den Arbeiten mit der Kettensäge selbstverständlich welche mit Stahlkappen getragen habe, zur eigenen Sicherheit. Und weiter ging es: "dann können Sie ja sogar noch Schuhe binden."
Eigentlich war ich ziemlich in Eile, Leo stand schon in den Startlöchern um die Einkaufsrunde zu fahren. Dennoch wollte ich das Gespräch aber nicht abbrechen.
Es kam die Frage, was ich im Winter mache. Wahrheitsgemäß antwortete ich dass es da keine festen Regeln gibt, je nach Lust und Befindlichkeit. Ich gehe barfuß um mich wohl zu fühlen, und wenn es grad nicht passt dann ziehe ich Schuhe an.
"Und ihr Mann? Der läuft ja auch immer barfuß durch die Stadt … " Dazu muss ich ergänzen, dass 'Mann' in der hiesigen Sprache mehrere Bedeutungen haben kann. Meiner / Meine kann stehen für mein Mann, mein Freund, mein Hund, meine Katze. Wenn meiner / meine nicht passt wird es ersetzt durch Mann / Frau… was genauso gut Freund, Kamerad, Gefährte, Kumpel bzw. Freundin / Kameradin usw. bedeuten kann.
Mein Freund ist härter im Nehmen, so beschrieb ich auch wie er im heurigen Schneechaos von seiner Wohnung zum Supermarkt durch den hohen Schnee barfuß spaziert ist, eine Entfernung etwa halb so weit wie von mir zum Marktplatz. So richtig verwundert schien mir die Dame nicht, sie kam von Hölzchen auf Stöckchen und redete, und redete. Sie war früher Erzieherin, da war alles anders, vieles besser – und die Kinder barfuß.
So standen wir bestimmt zehn Minuten, sie erzählte und fragte, ich antwortete bereitwillig. Es war kein Ausfragen, sondern einfach eine nette Unterhaltung in der Nachbarschaft. Und einer von vielen Freitagmorgen in unserer Straße, wo ich mich so richtig heimisch fühlte.
schöne Grüße
Gabriel
Das freut mich, dass ihr über das Barfußlaufen so toll ins Gespräch gekommen seid. Das geschieht nach meinem Eindruck eher selten, aber wenn ich mal auf mein Barfußlaufen angesprochen werde, dann auch nur positiv und mit wohlwollendem Interesse.
RE: Freitagmorgen in unserer Straße
in Barfuß und Leben 09.09.2019 19:44von André Uhres • Admin | 2.200 Beiträge | 660 Punkte
RE: Freitagmorgen in unserer Straße
in Barfuß und Leben 09.09.2019 20:51von Montanara • | 578 Beiträge | 67 Punkte
Schöön!!
Ich erlebe immer wieder solche Begegnungen. Meist sind sie sehr angenehm, aber manchmal werden sie mir lästig - z.B. auf machen Wanderungen oder wenn ich auf dem Markt einkaufen möchte und kaum vorwärts komme, weil neugierige Menschen mit mir über meine und ihre eigene Barfüssigkeit reden möchten (und ich, freundlich wie ich bin, sie nicht einfach kurz angebunden abfertigen mag). Aber was soll‘s - das ist Jammern auf hohem Niveau.
RE: Freitagmorgen in unserer Straße
in Barfuß und Leben 09.09.2019 21:29von Frank • | 34 Beiträge
Hallo Gabriel,
vielen Dank für Deine tolle Geschichte.
Ich habe die Erfahrung gemacht, das in der Stadt die Leute sich nicht trauen einen Barfüsser anzusprechen oder es ist Ihnen einfach egal. Hingegen auf Festivals oder Goa Partys kommt man auch nicht allzu oft über bf ins Gespräch, weil es für die Leute das normalste auf der Welt ist dort bf zu laufen. Viele wollen einfach Ihre Ruhe bzw. finden es vielleicht sogar als Belästigung mit jemand fremden über bf zu reden.
Das trifft besonders auf die Frauen zu, die dann oft gleich denken man will sie angraben. Am einfachsten kommt man da schon mit einzelnen Barfüssern ins Gespräch denen man auf der Strasse begegnet. Aber davon habe in diesem Jahr bei mir noch niemanden gesehen.
Vielleicht habe ich in der letzten Zeit, auch durch dieses Forum an Selbsrbewusstsein zugelegt und dieses auch meinet Umwelt gegenüber rübergebracht.
Heute wollten mich z.B. mehrere Jungen so ca. 12-14 Jahre wegen meines fehlenden Schuhwerks lächerlich machen, es war mir so egal das ich ohne irgendeine Reaktion einfach meines Weges gegangen bin.
Früher wäre das nicht möglich gewesen.
LG
Frank
Ja, Jugendliche sind ein besonderer Fall. Für die ist eine Barfüßerin oder ein Barfüßer in der Öffentlichkeit leider oft nur ein Opfer für ihre nicht eben originellen Scherze. Das kenne ich auch.
Ich finde übrigens, dass es beim Barfußlaufen in der Stadt doch gute Möglichkeiten für Gespräche gibt. Am ehesten funktioniert das nach meinem Eindruck auf dem Wochenmarkt oder in Geschäften, die etwas "öko" sind, also Bio-Gemüseläden oder Reformhäuser. Da hatte ich schon nette Gespräche über meine Vorliebe für das Barfußlaufen.
Lach, stimmt, Frank, manchmal habe ich auch die alten Vorurteile gegen das Barfußlaufen gehört, aber das ist in den letzten Jahren immer weniger geworden. Und gerade manche ältere Leute haben im Grund eine positive Einstellung zum Barfußlaufen, weil es in ihrer Kindheit selbstverständlich war. Erst in den spießigen Jahrzehnten danach wurde es "bäh", aber die Erinnerung an das wunderbare Gefühl des Barfußlaufens ist oft geblieben.
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