von 1.2.1989 bis 28.2.2021 war ich in einem Zofinger Chemie- und Pharmaunternehmen als Chemiker beschäftigt. Aus Sicherheitsgründen war in den Labor- und Betriebsgebäuden das Tragen von offenen Schuhen, kurzen Hosen usw. verboten, womit auch barfuß eingeschlossen war. Anfangs war barfuß für mich ohnehin ein Fremdwort, erst ab 2003 habe ich mich langsam herangetastet. In kurzen Hosen traute ich mich in den ersten Monaten in der Freizeit nur außerhalb Zofingens auf die Straße aus Angst, ich könnte den Arbeitsplatz verlieren, wenn mich ein hohes Tier dabei erwischt. Nach der Probezeit war das aber vorbei. Trotzdem haben sich einige Leute bei meinem direkten Vorgesetzten beschwert, etwa: "Wie können Sie nur einen einstellen, der in kurzen Hosen durch die Stadt fährt." Aber meinem Vorgesetzten war das egal, solange ich meine Arbeit machte.
Wesentlich später (2008) mußte ich mal beim damaligen Personalchef ("Dr. Simpel") aufkreuzen, weil ihn es störte, daß ich in kurzen Hosen und ohne Schuhe durch die Stadt fuhr: https://hobby-barfuss.de/archiv/messages/74227.htm
Aber auch das hat sich geändert, spätestens ab August 2010. Dann wurde nämlich für die Arbeit im Labor die lange blaue Arbeitshose vorgeschrieben, die man nicht in der Freizeit tragen durfte. Also radelte ich praktisch jeden Tag barfuß und in kurzen Hosen zum Veloständer vor der Firma, zog Flipflops an und ging übers Firmengelände zum Umkleideraum, um Arbeitskleidung (mit Sicherheitsschuhen) anzuziehen. Vorher trug ich bei der Arbeit und auf dem Weg dorthin "Zivil" mit langen Hosen und Halbschuhen.
Nun bin ich pensioniert, aber völlig abgeschlossen ist das Kapitel "Firma" doch noch nicht. Immerhin bekomme ich nun Geld von der Pensionskasse der Firma. Und die Pensionskasse lädt die Pensionierten alle zwei Jahre zu einem Ausflug und jedes Jahr vor Weihnachten zu einem Rückblick ein. Wegen Corona kam ich erst letztes Jahr in den Genuß.
Im September 2022 gab es einen Ausflug mit dem Reisecar bis Stans und weiter mit der Seilbahn (historische Standseilbahn + Luftseilbahn) aufs Stanserhorn, oben gab es Mittagessen im Restaurant sowie eine Führung mit Rangern. Ich reiste barfuß und in kurzen Hosen. Da ich aber nicht wußte, wie gut begehbar die Berge dort oben sind und ich kein Hemmschuh für die anderen sein wollte, nahm ich Treckingsandalen mit (ohne sie zu gebrauchen). Niemand hat sich an meiner "unechten" Barfüßigkeit gestört. Einige wunderten sich bloß, wie ich das aushielt. Der längst pensionierte "Dr. Simpel" nahm auch an dem Ausflug teil, ich hielt aber Abstand von ihm.
Im Dezember 2022 war ich beim Jahresrückblick der Pensionierten in einem Gebäude unmittelbar neben dem Firmenareal, hier erschien ich barfuß und in kurzen Hosen (bei ca. +3°C und Nebel). Auch hier störte sich niemand an meiner Aufmachung, im Gegenteil. Der gegenwärtige Personalchef hielt einen Vortrag über die verschiedenen Abteilungen. Als er etwas über die Abteilung sprach, in der ich zuletzt gearbeitet hatte, sagte er, man solle sich an mich wenden, wenn man näheres über die Abteilung wissen wolle. Außerdem sagte er: "Wer ihn nicht kennt, das ist der in kurzen Hosen - hat er heute auch kurze Hosen an?" Dann murmelnde Worte aus den Reihen: "Selbstverständlich".
Im April 2023 war Generalversammlung der Aktionäre im Zofinger Stadtsaal. Da ich noch ein paar wenige Aktien der Firma habe, erhielt auch ich eine Einladung. Ich erschien dort, barfuß und in kurzen Hosen. Am Eingang überprüfte ein Sicherheitsbonze die Eintrittskarten. Da ich eine hatte, kam ich rein. Ihn interessierte weder meine Aufmachung, noch Frage, ob ich identisch mit der Person auf der Eintrittskarte war. Unter einigen bekrawatteten Aktionären gab es einige schiefe Blicke. Vermutlich handelte es sich um diejenigen Aktionäre, die nur wegen des Aktienkurses Aktionär sind, mit der Firma an sich aber nichts am Hut haben. Den anderen Leuten, meist Aktionären, die mal in der Firma geabeitet haben oder noch arbeiten, war meine Aufmachung egal. Ich habe mich mit einigen, auch höheren Tieren unterhalten, ohne das meine Aufmachung zur Sprache kam. Es war übrigens die erste Aktionärsversammlung, an der ich teilnahm. Während meiner aktiven Arbeitszeit nahm ich nie daran teil. Der entscheidende Grund war, daß die Aktionärsversammlung während der allgemeinen Arbeitszeit liegt, jedoch nicht als Arbeitszeit angerechnet wird. Durch Aufenthalt am Arbeitsplatz habe ich theoretisch einen Einfluß auf den Aktienkurs, durch Teilnahme an der Aktionärsversammlung jedoch nicht. Daß bei einem aktiven Mitarbeiter eine barfüßige und kurzhosige Teilnahme an der Aktionärsversammlung zu einer bevorzugten Berücksichtigung bei einem Stellenabbau führen könnte, war für mich von geringerer Bedeutung.
An einem Samstag im Juni 2023 war 150jähriges Jubiläum der Firma. Firmenangehörige, deren Familienmitglieder sowie Pensionierte waren eingeladen. Da dieses auf dem Firmengelände mit Besichtigung von Labors und Betriebsgebäuden stattfand, zog ich vor Betreten des Geländes Treckingsandalen an (ohne Socken). Ich weiß, wie viele Glasscherben dort herumliegen, möglicherweise mit Chemiekalien kontaminiert. Da es hochsommerlich warm war, rechnete ich damit, das kurze Hosen kein Problem waren. Ich rechnete allenfalls damit, das Einweganzüge, Schutzbrillen und Anstoßkappen verteilt wurden für die Betriebsbesichtigung. Man durfte jedoch in normaler Kleidung übers Gelände, da die Maschinen nicht im Betrieb waren. Etliche Leute trugen kurze Hosen und / oder Sandalen, auch solche, die ich so noch nie gesehen hatte. Ich kam mit etlichen Bekannten ins Gespräch, einige starrten auf meine besandalten Füße, sagten aber nichts. Lediglich einer sagte: "Heute ausnahmsweise einmal fett beschuht?" Woher er wohl diesen Fachausdruck ratingischem Ursprungs hat? Mir hat die Jubiläumsveranstaltung mit Führungen, Musik, Reden und Essen gefallen. Einziger Minuspunkt: Ich hatte mir prompt fiese Blasen im Fuß geholt, da ich das Tragen von Schuhen nicht mehr gewöhnt bin.
5,5 Stunden Schuhe tragen am Stück, das war Rekord seit März 2021!
Als Software-Architekt und -Entwickler in einem kleinen Unternehmen, der seinen »Arbeitsplatz« Laptop fast überall aufschlagen kann — Internetverbindung vorausgesetzt —, kann ich meistens daheim arbeiten und brauche mir über (Fuß-)Bekleidung keine Gedanken machen. Wenn ich im Büro bin, kann ich dort auch barfuß sein. Wir kennen uns alle gut, und wenn »Neue« zu uns kommen, hat sich eine tolerante Atmosphäre von Anfang an bewährt. Shorts sind natürlich auch okay. Ich habe noch keine(n) bei uns damit im Winter gesehen. Ich selbst bin praktisch immer in langen Jeans mit mehr oder weniger viel »Schlag« dort.
Für den Fall der Fälle, dass Kunden vorbeischauen, um diese nicht zu »irritieren«, habe ich ein Paar Leder-Flip-Flops im Büro stationiert – und ein Hemd zum Tausch gegen das T-Shirt. So kann ich unbedenklich wie gewohnt barfuß zur Arbeit fahren und mich bei Bedarf gesellschaftsfähig machen …
Im Sommer ist fast immer jemand weiteres (w/m/d) in Sandalen/Flip-Flops anzutreffen. Die Flip-Flops werden dann auch mal abgestellt, aber ausgiebiger barfuß ist selten. Diesen Sommer hatten wir einen Praktikanten, der es mal ausprobiert hat, der war aber nur zwei Wochen bei uns.
Ab und zu treffe ich mich mit Kollegen oder anderen Arbeitsnomaden, die ich kenne, in einem Co-Working-Space oder ähnlichem. Selbstverständlich bin ich barfuß dort. Selten, aber es kommt vor, dass auch andere Barfußläufer(innen) dort sind.
Zitat von Michael aus Zofingen im Beitrag #1Nun bin ich pensioniert, aber völlig abgeschlossen ist das Kapitel "Firma" doch noch nicht.
Hallo Michael,
ich finde es toll, wenn der persönliche Kontakt zur Firma nach der Pensionierung weiter gepflegt wird. Bei uns in Luxemburg kennt man das leider weniger.
Zitat von André Uhres im Beitrag #3 ich finde es toll, wenn der persönliche Kontakt zur Firma nach der Pensionierung weiter gepflegt wird. Bei uns in Luxemburg kennt man das leider weniger.
Hallo André,
ich befürchte, daß sich das auch hier langsam ändern wird. Der Teilnehmerkreis bestand praktisch nur aus Leuten, die lange in der Firma gearbeitet haben. Von den höheren Tieren waren nur solche mit technischer Ausrichtung anwesend, während Pensionierte mit kaufmännischer Ausrichtung durch Abwesenheit glänzten. Letzterer Personenkreis hat eine kürzere Verweilzeit in einer Firma. Wer etwa 7 Jahre vor der Pensionierung aus einer anderen Schweizer Firma zu unser Firma wechselte, wechselte meist nicht mehr den Wohnsitz. Somit wohnt er meist weiter weg von Zofingen, so daß sich eine Anreise für einen Pensioniertenanlaß von 14-18 Uhr nicht lohnt.
Wer länger hier arbeitete hat oft einen kürzeren Anmarschweg und auch mehr Beziehungen zur Firma. Leider hat die Verweilzeit in der Firma im Laufe der Zeit abgenommen, sowohl bei Kaderleuten, als auch bei Nichtkaderleuten. Als ich pensioniert wurde, war die "ideale" Verweildauer in einem Unternehmen 5 Jahre. Zwar wird man (noch) nicht entlassen, wenn man länger bleibt, jedoch nehmen die Chancen, eine andere Arbeit zu finden, ab.
Möglicherweise werden die Pensioniertenanlässe irgendwann gestrichen, wenn die alten Pensionierten gestorben sind und die frisch Pensionierten kein Interesse haben. Kommt hinzu, daß im Laufe der Jahre der Ausländeranteil zunahm und viele Ausländer (speziell Italiener, Spanier, Portugiesen) wieder in ihre Heimat zurückkehren.
Hallo Michael, Herzlich Willkommen zurück im Forum! Freut mich, dass Du jetzt, als Pensionierter, weniger Ärger mit unsympathischen Leuten als früher hast. Liebe Grüße von Dieter aus Hamm
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