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Kalter Sand und warmer Schnee
in Barfuß und Leben 20.02.2010 20:13von Michael aus Zofingen • | 753 Beiträge | 428 Punkte
Guten Abend,
wie ich letzte Woche schon geschrieben habe, ist die Temperatur wieder gestiegen, so daß der Schnee weitestgehend weg ist, zumindest auf Straßen und in den Gärten der Stadt Zofingen.
Heute Morgen war ich zum Einkaufen geradelt, selbstverständlich barfuß, in kurzen Hosen und ohne Mütze. Es war ziemlich voll im Laden, irgendjemand sagte: „Ein hitziger Siech!“ Nachdem ich die Kasse passiert hatte, kam ich an einer Frau vorbei, die an alle Kunden Gratismuster mit Mayonnaise verteilte. Bei Mir fragte sie: „Ist das nicht zu kalt?“ Als ich die übliche Antwort gab, sagte sie: „Super!“
Diesmal war das Wetter so, daß mich auch noch andere Dinge außer einkaufen aus der Wohnung zog. So radelte ich nach Reiden und überquerte die Bahnlinie auf dem Bahnübergang, an dem es gestern einen tragischen Zusammenstoß zwischen einem 4rad und einem Offtopic-Fahrzeug gab. Vor dem überqueren mußte ich jedoch noch die Passage eines Zuges abwarten, wobei ich neben einem Auto hielt, in dem auch kleine Kinder saßen. Obwohl es im Auto sicher wärmer war als draußen, trugen die Kinder rosa Wollmützen. Und sicher waren sie auch unterhalb der Gürtellinie bedeckter gekleidet als ich. Sie starten immer nur auf das „Nichts“ unterhalb der Hosensäume.
Von Reiden radelte ich unter sorgfältiger Umgehung der Zofinger Altstadt nach Olten. Nachdem ich mein Velo über die barfuß angenehm begehbare Holzbrücke geschoben hatte, wurden mich drei weibliche Teenager gewahr, die gleich an zu kichern fingen. Ich schob das Velo noch durch die Fußgängerzone und radelte dann weiter. Unweit des Bahnhofs Olten-Hammer kam mir eine Frau in weniger winterlicher Kleidung entgegengeradelt. Zwar trug sie eine lange Hose, aber ihre unbesockten Füße waren lediglich beadidast. Eine Mütze trug sie auch nicht.
Ich radelte nach Aarburg und weiter ans Aareufer, wo ich im Sommer öfters zum Baden fahre. Dort hielt ich mich länger auf. Zum Baden war es mir zu kalt, aber immerhin tat ich ein paar Schritte ins Wasser. Wie schön, daß ich mich nicht bücken mußte und mir trotzdem das eklige Gefühl von nassen Schuhen, nassen Socken und vor allem nassen Hosensäumen erspart blieb.
Es kam auch noch ein Vater mit seinen Kindern an den Strand, und zwar ebenfalls auf Fahrrädern. Meine nicht allzu winterliche Kleidung erregte hier kein Aufsehen, die beiden Mädchen sahen sich sogar zu einer Anzugserleichterung veranlaßt, allerdings deutlich oberhalb der Gürtellinie. Sie nahmen nämlich ihren Velohelm vom Grind UND die Mütze gleich mit.
Ich radelte wieder in Richtung Zofingen. Noch auf Aarburger Gebiet kam mir eine Arbeitskollegin (zu Fuß) entgegen zusammen mit einer anderen Frau und zwei kleinen Kindern. Während die Arbeitskollegin an meiner Aufmachung nichts Außergewöhnliches fand, machten die Kinder große Glotzaugen. Auf Oftringer Gebiet kam mir ein weiterer Bekannter mit dem Velo entgegen, ein früher Chemiker aus der Firma, in der ich arbeite, und heute Velohändler entgegen. Er trug übrigens keinen Helm, dafür eine Mütze, lange Hosen und Schuhe. Dabei gehört er zu denjenigen Leuten, die auch am Arbeitsplatz kurze Hosen tragen. Allerdings trägt er immer Schuhe. Als selbstständiger Velohändler ohne Angestellte ist er ja an keinerlei Anzugsordnung gebunden. Ob manche Kunden nicht zu ihm kommen würden, wenn er barfuß wäre, kann ich nicht sagen. Als er mir entgegenkam, sagte er nur: „Michael, es ist doch kalt!“
Eigentlich wollte ich nach Hause fahren, entschied mich aber kurzfristig, noch zum Heiternplatz zu fahren, wo ich mein Velo abstellte. Weiter fahren konnte ich hier nicht, denn es folgten Waldwege, die nicht geräumt waren, die noch dazu nicht in der Ebene lagen. Manche würden diese Waldgegend pauschal als „Igitt-Gegend“ bezeichnen, richtig langweilig. Trotzdem genoß ich es, wenn ab und zu ein Vogel sang, aber auch die Wege waren (zumindest bergauf) recht gut begehbar, auch wenn ich aufpassen mußte, um nicht zu stürzen.
Viele Leute waren hier nicht unterwegs. Und diejenigen, die unterwegs waren (Leute mit Hunden, Jogger) grüßten freundlich. Manchmal habe ich den Eindruck, als ob Leute, die in der Natur in Gegenden ohne Autoverkehr unterwegs sind, praktisch nie Anstoß an zu leichter Kleidung nehmen. Wenn das tatsächlich geschieht, dann kann man sicher sein, daß man sich nicht allzu weit von einem 4rad-Abstellplatz befindet. Leute, die sich nicht vorstellen können, daß es auch außerhalb des Hochsommers möglich ist, in kurzen Hosen und barfuß unterwegs zu sein, gehen nur selten mehr als einen Kilometer zu Fuß. Der Umkehrschluß gilt allerdings nicht. So gibt es durchaus Menschen, die lieber einen Umweg von 5 km mit dem 4rad in Kauf nehmen anstatt 500 m zu Fuß zu gehen und trotzdem in Sachen Kleidung absolut NICHT der Norm entsprechen.
Als es wieder bergab über den herrlichen Schnee (oder besser Eis) ging, mußte ich noch mehr aufpassen. Bevor ich heimwärts radelte, ging ich noch zum Hirschpark. Dem „Platzhirsch“ war meine Aufmachung völlig egal, nicht aber den drei kleinen Kindern einer Familie, die (zumindest untereinander) nicht deutsch sprach. Die Kinder versteckten sich hinter den Eltern, um dann auf meine Füße/Beine zu starren. Danach radelte ich nach Hause, etwa 5 Stunden war ich unterwegs. Vielleicht habe ich morgen noch Glück mit dem Wetter, so daß ich noch einmal durch den WARMEN Schnee wandern kann. Wenn es nämlich noch wärmer wird, ist der Schnee auch weg. Aber auch wenn es keinen mehr geben sollte, sehe ich mich nicht genötigt, in der Freizeit lange Hosen und fette Schuhe zu tragen.
Schöne Grüße
Michael aus Zofingen
RE: Kalter Sand und warmer Schnee
in Barfuß und Leben 21.02.2010 20:50von Jay • | 788 Beiträge | 695 Punkte
Hi Michael,
besten Dank für den gehaltvollen Stimmungsbericht, der so recht den Way Of Life am Ende [?] eines Extremwinters wiederspiegelt - für meine Wenigkeit eigentlich schon eine fast irreale Erlebniswelt, denn BF ist bei mir seit Jahresbeginn zu einer auf die Privacy beschränkten Sache geworden - wie an Bord eines Raumschiffes, dessen Bullaugen die normalen Zimmerfenster sind - draußen herrscht eine eisige, von weißer Scheiße restlos verschüttete Welt (gewissermaßen die eines anderen Planeten), die ich in den kurzen (& selbstverständlich minimierten Outdoor-Phasen) nur im Beinahe-Raumanzug (dick vermummt, nur der hermetische Schutz vor einer immerhin noch atembaren, eiskalten Atmosphäre relativ normalen Druckes fehlt) erlebe.
Dieser Winter scheint jedenfalls in "meiner" Gegend so zu werden wie 1979 - bis Mitte Mai war ich in jenem Jahr kein einziges Mal Outdoor-BF (nur vermutend, teils hypothetisch kann ich jetzt eine vage Erinnerung herbeten, daß ich wohl - am Abend des restlos verschneiten 2. Mai von der Immatrikulations-Erneuerung als ET-Student in mein Elternhaus zurückgekommen - mich mit irgendeinem Vokabular a 'la "Alles kann mich 'mal" mich meiner Stiefel & Socks entledigte, um wenigstens den Rest des Tages normal & als Mensch zu verbringen).
Stärker denn je bin ich jedoch dazu entschlossen (sollte endlich eine andere Jahreszeit kommen) auf jedwedes "Keine Schuhe"-Beklagtwerden in der Öffentlichkeit nur ein "Jaah - wenn Sie das so aufregt... - kaufen Sie mir doch welche" folgen zu lassen...
Verarmte, gestreßte Far away-BF-Grüße, Jay
RE: Kalter Sand und warmer Schnee
in Barfuß und Leben 22.02.2010 09:27von Manfred (Ten) (gelöscht)
Zitat von Jay
Stärker denn je bin ich jedoch dazu entschlossen (sollte endlich eine andere Jahreszeit kommen) auf jedwedes "Keine Schuhe"-Beklagtwerden in der Öffentlichkeit nur ein "Jaah - wenn Sie das so aufregt... - kaufen Sie mir doch welche" folgen zu lassen...
Verarmte, gestreßte Far away-BF-Grüße, Jay
Vorschlag auf Anpöbeleien (die bei mir allerdings so gut wie nie vorkommen !):
Zunächst (scheinbar !) ganz harmlose und freundliche Gegenfrage: "Ja, haben sie denn ein Problem damit, dass ich hier barfuss bin ?"
Und wenn das erwartungsgemäss bejaht wird kann die "Falle" zuschnappen:
"Ja, wenn SIE (!!!) ein Problem damit haben, dann empfehle ich IHNEN doch, das mal bei einem Therapeuten ihres Vertrauens zu bearbeiten.
:-)
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