Zitat von tiptoe im Beitrag #11
Übrigens finde ich es eigenartig, dass die (vor)namen genannt werden. Normalerweise werden solche artikel anonymisiert, vor allem wenn minderjährige erwähnt werden.
Hallo Tiptoe,
ich weiß nicht, wie es in Luxemburg üblich ist. Und wie die gesetzliche Lage dort ist, weiß ich erst recht nicht. Mir ist auch nicht die Gesetzeslage in der Schweiz bekannt. Früher war es üblich, daß man etwa einen Verkehrssünder mit vollem Vornamen nannte und den Nachnamen abgekürzt. Da manche Vornamen eher selten waren, und man somit Rückschlüsse auf die wahre Person ziehen konnte, ging man dazu über, ebenfalls einen Vornamen und einen abgekürzten Nachnamen mit der Bemerkung "Name geändert" anzugeben. Wenn etwa ein Schweizer namens "Peter" in der Zeitung "Mohammed" genannt wurde, fühlten sich die Peters Angehörige diskriminiert. Wenn dagegen ein Ausländer namens "Mohammed" in der Zeitung "Peter" genannt wurde, gingen die Rechtspopulisten auf die Barrikaden, weil damit die Schweizer diskriminiert würden. Würde man dagegen aus "Peter" einen "Hans" machen und aus "Mohammed" einen "Suleiman", dann regen sich die Gutmenschen auf, weil man dadurch den Täterkreis schon eingrenzen könnte.
Um derartige Dinge vorzubeugen, nennt man heute meistens nur noch abgekürzte Vornamen und Nachnamen mit dem Zusatz "Name geändert".
Auffällig ist, daß Leserkommentare bei ansonsten gleichem Text völlig unterschiedlich ausfallen, wenn ein Verkehrssünder in einem Fall "Peter", im anderen Fall "Mohammed" genannt wird, auch bei Zusatz "Name geändert".
Ähnliches gilt auch, wenn zwei Texte völlig gleich sind, jedoch die Bilder unterschiedlich, z.B.:
Weißer versus Schwarzer
Schlanker braungebrannter Jüngling versus käsiger 50jähriger mit Bierbauch
Anzugträger versus Mann mit Krampfadern in Bermudas, Sandalen und Socken
Selbst wenn unter dem Bild kleingedruckt "Symbolbild" steht, lassen sich Unterschiede in den Leserkommentaren feststellen. Der Mensch wie etwa der Zeitungsleser (
und besonders derjenige Leser, der sich nicht die Mühe macht, den Text von Anfang bis zum Ende durchzulesen, bevor er seinen Kommentar in die Tasten hämmert) ist halt manipulierbar (was wahrscheinlich von den Medien erwünscht ist).
Die Manipulierbarkeit des Menschen gab es schon früher: 1975, also als ich Abitur machte, wurden man in einem Test Abiturarbeiten im Fach Deutsch (keine echten) verschiedenen Experten gegeben, um sie zu zensieren. Dabei hat man festgestellt, daß bei völlig textgleichen Arbeiten erhebliche Unterschiede in der Zensur vergeben wurde. Unterschiedlich war lediglich der angebliche Beruf des Vaters: Beim "Sohn eines Maurers" war die Zensur meist zwei Noten schlechter als beim "Sohn eines Universitätsprofessors". Heute würde in solchen Fällen wohl ein angeblicher "Mohammed" bei gleichem Text eine schlechtere Zensur erhalten als ein angeblicher "Peter".
Nachdenkliche Grüße
Michael aus Zofingen